
Am 28. Juni hatten die Heimatfreunde Horchheim die besondere Gelegenheit, an einer Führung durch die Koblenzer Altstadt teilzunehmen. Unter dem Motto „Heilije, Hexe, Huckeweiwer – met Lisbeth durch die Altstadt“ nahm Marlis Weiß die Teilnehmer in der Rolle der Marktfrau Lisbeth mit auf eine lebendige Zeitreise.
In ihrem historischen Kostüm und in Koblenzer Mundart erzählte Lisbeth von den „Kowelenzer Leut“, ihren Gewohnheiten und unvergessenen Originalen, die die Stadt geprägt haben. Die Erzählungen waren lebhaft und abwechslungsreich – mal in Versform, mal in humorvoller Prosa, begleitet von Gesangseinlagen, die bei den Teilnehmern für viel Freude sorgten.
Die Führung begann am Münzplatz bei der Bronzefigur der „Marktfrau Ringelstein“. Lisbeth berichtete von den damaligen Marktfrauen, den sogenannten „Huckeweibern“, die den Markt prägten, und den humorvollen Kinderreimen über Frau Ringelstein und den Schutzmann Otto, der ihr half.



Weiter ging es die Münzstraße entlang, wo die Künstlerin Lotte Meurer mit ihren farbenfrohen, pastellartigen Darstellungen Koblenzer Ansichten geehrt wird. Sie war eine bekannte Malerin und Keramikerin, deren Werke das Stadtbild bereichern.
Vom Münzplatz führte die Gruppe über den Gebrüder-Dommermuth-Weg, der als Straßenname zwischen Münzstraße und Gemüsegasse an die Brüder Jupp, Peter und Leo Dommermuth erinnert – prägenden Figuren des Koblenzer Karnevals der 1950er und 60er Jahre.
Am Ende der Gemüsegasse steht die Steinfigur „Dä Gummi“, die an Peter Schneider erinnert. Der Hausierer verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Hosenträgern und Zeitungen, wobei sein charakteristischer Gang ihm den Spitznamen einbrachte.



Verbunden wird die Gemüsegasse mit der Mehlgasse durch das kurze Etzegässchen, benannt nach einem Wirt, der hier im 18. und 19. Jahrhundert eine Gastwirtschaft betrieb. An der Gemüsegasse befindet sich außerdem eine Bacchusfigur, die an die lange Tradition erinnert.



In der Mehlgasse steht die Figur „Das Pfefferminzje“, die Annemarie Stein gewidmet ist. Sie war bekannt für ihren Hausierhandel mit Pfefferminzrollen und ihre große Tierliebe.
In derselben Gasse begann auch das Wirken von Schwester Irmina, der Gründerin der Schwestern vom Heiligen Geist. 1857 gründete Anna Maria Hoelscher, die später den Ordensnamen Schwester Irmina annahm, mit drei weiteren Frauen in der Mehlgasse 8 eine geistliche Gemeinschaft, die sich der Krankenpflege und sozialen Arbeit widmete.



Nicht weit entfernt, gegenüber der Liebfrauenkirche, erinnert ein Gedenkstein an die 172 Koblenzer Bürger, die 1347 bei der Grenzauer Fehde ums Leben kamen. Diese Fehde war eine kriegerische Auseinandersetzung um die Burg Grenzau und zählt zu den bedeutenden historischen Ereignissen der Region.
Die Liebfrauenkirche, eine der ältesten und bedeutendsten Kirchen Koblenz’, prägt mit ihren markanten Zwiebeltürmen das Stadtbild der Altstadt. Hier begann einst auch die jährliche Gedenkprozession für die Gefallenen der Grenzauer Fehde.






Der Weg führte weiter zum Platz Am Plan, der als erster eben gepflasterter Platz in Koblenz schon im Barock von Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen modernisiert wurde. Heute erinnert der Platz an seine vielfältige Nutzung als Markt- und Veranstaltungsort.
Der Entenpfuhl war einst ein Armenviertel und eine Kloake, in der die ärmsten Koblenzer lebten. Ein kleiner Brunnen der Bildhauerin Edith Peres-Lethmate erinnert heute an den früheren Stadtgraben, in dem Geflügel gehalten wurde.



Im Rathaushof, dem heutigen Willi-Hörter-Platz, sangen die Heimatfreunde das Schängellied – die Hymne auf den Koblenzer Lausbuben „Schängel“. Der 1941 eingeweihte, von Carl Burger entworfene Schängelbrunnen zeigt das „Schängelche“ als Bronzefigur, die frech Wasser auf Passanten spritzt – Sinnbild für Schalk und Lebensfreude der Koblenzer.



Über Jesuitenplatz und Firmungsstraße führte die Gruppe zur Kornpfortstraße, wo in einer Hausnische an der Ecke „Unterm Stern“ die Nachbildung der Schürger Madonna steht. Das Original war 1532 an der Mosel angeschwemmt worden und galt lange als Schutzheiligtum der Hafenarbeiter, den „Schürgern“. Nach dessen Verschwinden 1961 setzte sich eine Brunnengemeinschaft für die Nachbildung ein, die seit 2014 von der Pfarrgemeinde Liebfrauen gepflegt wird.
Nicht weit davon befindet sich der spätgotische Wohnturm „Deutscher Kaiser“ in der Kastorstraße. Das um 1490 erbaute Gebäude hat Kriege und Zerstörungen überstanden und wurde bis 2014 aufwendig saniert. Heute beherbergt es wieder ein Restaurant.



Zur Stärkung wurden den Teilnehmern unterwegs der „Dähler Drobbe“, ein Kräuterlikör aus Ehrenbreitstein, und das traditionelle „Dudebeinche“, ein in Butter gebackenes Hefeteiggebäck nach altem Koblenzer Rezept, gereicht.
Am Ende der Führung, auf dem Florinsmarkt, erzählte Lisbeth eindrucksvoll von der Hexenverfolgung, berichtete vom Hexenwahn und bewegte mit der Geschichte ihrer Großmutter, die knapp einem Hexenprozess entkommen war.



Trotz der sommerlichen Hitze, die einige angemeldete Teilnehmer zur Absage bewegte, war die Führung mit Marlis Weiß ein voller Erfolg und wurde von allen sehr gelobt. Schöne Fotos halten die Erinnerungen fest.
Nach dem gemeinsamen Essen im Restaurant Drei Hefen und der Rückfahrt mit dem Bus nach Horchheim fand der Tag einen entspannten Ausklang im Mendelssohnpark. Dort sorgte die „Vinothek on Tour“ mit erlesenen Weinen für einen gelungenen Abschluss eines informativen und unterhaltsamen Tages.
Text: Andreas Weber, Fotos: Mechthild Hof, Andreas Weber
