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Bauern in Horchheim vor 25 Jahren –
ein „agrarökonomischer Rückblick“
von Hans Feldkirchner
Kirmes-Magazin 1980 Seite 40-41

Lange ist es her, als Ochsenkarren zu einer vertrauten Erscheinung auf Horchheims Straßen waren, als Frischmilch direkt vom Erzeuger mit dem Pferdewagen ausgefahren wurde und Horchheims Hobbygärtner mit Schaufel und Besen auf die Straße stürzten, um sich gewisse „Hinterlassenschaften“ der Vierbeiner als Dünger für den Hausgarten zu sichern. Äußerst gründlich hat man Horchheims Gemarkung umgepflügt, neu planiert, aufgerissen, ausbetoniert und asphaltiert – alles im Sinne von verbesserter Infrastruktur. Die ursprüngliche Struktur unseres Ortes ging dabei verloren, gründlich, endgültig. Natürlich haben Horchheims Groß- und Kleingrundbesitzer ihren Schnitt gemacht, als sie die Felder der Väter und Großväter Straßenbauämtern und Siedlungsgesellschaften überließen und ihre bäuerIiche Selbständigkeit aufgaben. So mancher Rummele-Acker, so manches Erdbeerfeld wurde so zur kleinen Goldgrube …

Horchheim war um die Jahrhundertwende ein Dorf mit kleinbäuerlicher Struktur. Neben Weinbau war der Obstanbau vorherrschend. Bis zum 1. Weltkrieg wurden Horchheimer Bohnäpfel in Holztonnen verpackt und zum größten Teil nach England verschifft. Nach dem 1. Weltkrieg nahm der Erdbeeranbau immer mehr zu. Der Weinbau ging wegen der Ausbreitung der Schädlinge (Reblaus) und der immer dichter werdenden Besiedlung der Ortslage zurück und verschwand im Jahre 1923 ganz. Getreide und Hackfrucht wurden weiter oberhalb der Umgehungsstraße B 42 angebaut. Diese Anbauflächen verschwanden durch die Ausbreitung der militärischen Anlagen wie Bau der Augusta-, Gneisenau-, Deines-Bruchmüller-Kaserne und der Anlage des Schieß- und Truppenübungsplatzes Schmidtenhöhe. Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges war die bäuerliche Struktur fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Auf den verbleibenden Resten der landwirtschaftlichen Fläche bauten die Horchheimer Bauern meist nur noch zu ihrem eigenen Gebrauch für die Nutzviehhaltung Getreide und Hackfrucht an. In den Mangeljahren nach dem 2. Weltkrieg blühte das bäuerliche Leben noch einmal auf. Der Erdbeeranbau war eine der wichtigen Einnahmequellen. Durch die dann einsetzende Ausweitung des Wohnungsbaues verschwanden immer mehr Erdbeerfelder. Nachdem die Bundesrepublik sich dem europäischen Markt öffnete und das Baugebiet Horchheimer Höhe entstand, war es mit den bäuerlichen Betrieben vorbei. Den Rest gab ihnen der Straßenbau.

Ein Dutzend Voll-Bauern

Heute haben wir in Horchheim leider keinen einzigen landwirtschaftlichen Betrieb mehr. 1955 existierten immerhin noch 16 Betriebe, davon 12 als Vollerwerbsbetriebe. Wer erinnert sich an „Pinke Jupp“ in der Emser Straße – Ecke von Eyßstraße, der sich als später Junggeselle in den bayerischen Hafen der Ehe begeben hatte oder an den „Schuster Will“ gegenüber dem Krankenhaus, der bis 1955 Herr und Gebieter über viele Erdbeerfelder war und heute als Rentner lebt, oder an Siegfried Sauder, der spät aus der russischen Gefangenschaft zurückkam und mit seinem Ochsen und Misthaufen vor der Tür in der Brandenburgstraße zum dörfIichen Leben der damaligen Zeit gehörte? Hinzu kommen Vater und Sohn Josef und Konrad Geissler in der Emser Straße. Während sich Josef Geissler mehr dem Gesellenhaus als Hausvater widmete, übernahm Sohn Konrad den elterlichen Betrieb. Er war der erste und auch der Einzige, der von den Horchheimer Bauern einen Traktor besaß. Heute noch ist der „Konn“ bei allen Umzügen in Horchheim mit seinem altersschwachen Traktor dabei. Auf dem Kommers der Kirmesgesellschaft 1965 hat er die letzte Kuh Horchheims in den Saal geführt.

Am längsten hielt sich Esters Hein

Weiter zu nennen ist „Pretze Jakob“ in der Heddesdorffstraße. Er gehörte mit seinem Kuhgespann zu den letzten Bauern, die sich schwer von ihren Äckern trennen konnten. Der absolut „letzte“ Bauer war schließlich der „Ester Hein“, allen Horchheimern wohlbekannt. Hatte der „Hein“ doch zur Freude der Horchheimer Kinder lange Jahre das Pferd des St. Martin in Pension.

Schmitze Hannes aus der Meesgaß

Bei der Aufzählung der Horchheimer Bauern darf einer nicht vergessen werden. Er war ein Original, er und seine Frau waren menschlich so prachtvolle Mitbürger, wie man sie selten findet. lch meine „Schmitz Jusseps Hannes“ und seine Frau „Appelchen“. Für Nichteingeweihte: Johann Schmitz und seine Frau Appollonia aus dem Meesgäßchen. Vielen Horchheimern klingt noch die etwas heisere Stimme des Han-nes in den Ohren, wenn er seinen Ochsen die Viehgass hinauftrieb: „Hans, dau doller Hond, nau mach ohn gieh.“ Der Ochse war für den Hannes kein Nutzvieh, sondern Arbeitskamerad. Oft erzählte er den Leuten: „Et gibt schlecht Wedder, der Ochs hat et en de Knoche.“ Bescheidene, hilfreiche Leute, die mit Reichtum nicht gesegnet, aber wegen ihrer Herzlichkeit vor allem bei den Kindern sehr beliebt waren.

Zu unseren Bauern der damaligen Zeit gehörte auch Johann Brühl in der Alten Heerstraße. Nachdem Herr Brühl verstarb, ging dieser Betrieb ein. ln der Mendelssohnstraße befanden sich noch 3 Bauern, Jakob Geissler, Karl Hahn und Jakob Schmitz. Alle 3 haben im Laufe der Zeit aus Altersgründen und nach Aufgabe ihrer Felder die Landwirtschaft eingestellt.

Zum Schluß ist noch Johann Saal in der Mittelstraße zu erwähnen. ln den letzten Jahren hatte Herr Saal 2 Maultiere, mit denen er seine Felder bewirtschaftete. Die Horchheimer Kinder hatten immer viel Freude, wenn er mit seinem Gespann rasselnd durch den Ort fuhr. Die Beschaulichkeit dieses Zeitabschnittes ist dahin. Das Rad der Zeit rollt unaufhaltsam weiter. Hin und wieder sollte man es anhalten und einmal rückwärts schauen, damit wir den Blick für morgen nicht verlieren.

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