Auf den Spuren des stauferzeitlichen Wohnturms in Horchheim
Der Mittelrhein ist reich an Relikten aus dem Hochmittelalter, die uns einen faszinierenden Einblick in vergangene Epochen bieten. Ein bemerkenswertes architektonisches Juwel in dieser Region ist das Romanische Haus in Koblenz-Horchheim, dessen Geschichte eng mit der stauferzeitlichen Ära verknüpft ist. Als herausragendes Beispiel dieser Epoche lädt das Romanische Haus in Horchheim dazu ein, seine Geheimnisse zu erkunden und die Spuren der stauferzeitlichen Architektur zu verfolgen.
Der stauferzeitliche Wohnturm „an der Oberpforten“, früher Rheinstraße, heute Emser Straße 389, ist als Präsenzhof des Stiftes St. Florin zu Koblenz bekannt und weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz hinaus von überregionaler Bedeutung. Er wird erstmals 1408 im Zusammenhang mit dem Florinsstift erwähnt. Es ist jedoch fraglich, ob er mit dem Präsenzhof gleichgesetzt werden kann. Wer den massiven Bau errichtete, ist letztlich unbekannt.
Ein Blick in die Geschichte des repräsentativen Burghauses
In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gingen Haus und Grundstück in den Besitz der Stiftsgemeinschaft über. Dies allein lässt auf einen älteren Ursprung des Gebäudes schließen. Tatsächlich lässt sich das Gebäude aufgrund seiner architektonischen Elemente in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren. Es stellt sich also die Frage, wem das Gebäude und das Grundstück an dieser exponierten Stelle gehörten. Diese Frage kann heute nicht mehr eindeutig beantwortet werden, wohl aber die Frage nach der Zugehörigkeit des Besitzers zu einer bestimmten sozialen Schicht und die Frage nach der Funktion der Anlage.
Das Haus wurde aus massivem Stein gebaut, in einer Höhe, die heute nicht bemerkenswert wäre, aber zur Zeit seiner Errichtung, als die meisten Menschen in Holz- und Fachwerkhütten lebten, schon. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts waren nur Klöster, Kirchen und Festungsanlagen in diesem Stil bekannt, da sie allein aus diesem Grund teuer und prestigeträchtig waren. Ein solch repräsentativer, turmartiger, massiver Steinbau mit architektonischen Elementen, der in seiner Höhe im mittelalterlichen Dorf seinesgleichen sucht, an der Stelle, wo die wichtige Nord-Süd-Verbindung durch die Dorfbefestigung abgeriegelt wird, kann nur ein Adelssitz gewesen sein, hier in Form eines Burghauses. Wenn man von Niederlahnstein, das direkt an der Lahn liegt, über unbebautes Gelände nach Horchheim reiste, das auf einer natürlichen, hochwasserfreien Niederterrasse liegt, sollte man die Wirkung des Burghauses nicht unterschätzen. Das Gebäude ist ein Ausdruck von Macht.
Holz und Geschichte – Die erstaunliche Datierung auf 1240/1241
Erstmals urkundlich erwähnt wurde es 1572 als Wohnhaus eines Pächters des Koblenzer Stifts St. Florin, das im Hoch- und Spätmittelalter ausgedehnten Grundbesitz in Horchheim besaß. Die dendrochronologische Analyse der Proben aus den Deckenbalken des Erd- und Obergeschosses ergab, dass das Holz bereits um 1240 geschlagen wurde. Das Haus kann somit auf 1240 oder 1241 datiert werden. Das Gebäude ist also viel älter als bisher angenommen.1
Das Geheimnis der ersten Jahrhunderte – Bewohnt von Unbekannten
Es wird vermutet, dass das Haus während seiner gesamten Geschichte als Wohnhaus genutzt wurde. Allerdings fehlen für die ersten drei Jahrhunderte die Quellen, die Auskunft über die Bewohner geben könnten. Daher ist unklar, für wen es ursprünglich gebaut wurde und wer es nutzte.2
Baukunst des 13. Jahrhunderts – Eine architektonische Reise
Ursprünglich handelte es sich um ein freistehendes zweigeschossiges Wohnhaus aus Bruchsteinmauerwerk mit einem Spitzdach über einem Gewölbekeller. Weitere Details, wie die Anzahl der Fenster, sind nicht bekannt. Es ist möglich, dass das Haus nur ein Fenster pro Stockwerk auf jeder Seite hatte. Die ursprüngliche Form der romanischen Rundbogenfenster hat sich an der Ostfassade erhalten und wurde bei den Bauuntersuchungen an der Westfassade wiederentdeckt. An der Südfassade ist sie noch zu erkennen.
Um die 70 cm dicke Außenwände garantierten ein hohes Maß an Stabilität, schränkten aber gleichzeitig die innere Nutzfläche ein. Das Haus ist leicht asymmetrisch. Die westliche Längswand, die der Emser Straße zugewandt ist, ist 9 m lang und rund einen halben Meter kürzer als die östliche Rückwand, die dem Hof zugewandt ist. Ursprünglich hatten die beiden Querseiten den typisch romanischen Treppengiebel, der in einer Höhe von etwa 9,50 m endete. Das eigentliche Haus war knapp 6 m hoch und bestand aus einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss.
In den Stufengiebeln befand sich eine Rundbogenöffnung, die noch an der Südfassade zu sehen ist. Hinter den Stufengiebeln erhob sich ein Spitzdach, das verborgen blieb. An der Innenseite der Giebel sind noch die Anfänge der Dachbalken zu erkennen. Die ursprüngliche Dachform kann also rekonstruiert werden.
Ein auffälliges Detail des Gebäudes ist die aufwendig gestaltete Kaminanlage. Im Obergeschoss befindet sich in der Mitte eine breite Kaminlisene, die von drei schlichten Rechteckkonsolen abgefangen wird. Zu beiden Seiten der Lisene befindet sich ein Rundbogenfenster.
Über dem Erd- und dem Obergeschoss befinden sich Holzbalkendecken, die sich noch in ihrem ursprünglichen Zustand befinden. Dendrochronologische Untersuchungen der Deckenbalken in beiden Stockwerken haben das Alter des Hauses eindeutig festgestellt.
Bei der restauratorischen Untersuchung wurden an mehreren Stellen Farbreste gefunden, zum Beispiel an den Giebeln und den zugemauerten ehemaligen Fensterleibungen. Das Haus scheint vollflächig verputzt gewesen zu sein und hatte an den Fassaden eine rote Quaderung mit weißen Fugenlinien und an den Giebeln eine rote Oberfläche mit weißen Konturen.3
Das „Romanische Haus“ in Koblenz ist das einzige bekannte rheinland-pfälzische Profangebäude aus dieser Zeit mit einer solchen Außenfassadengestaltung. Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder um den Besitz einer bedeutenden Persönlichkeit oder um ein Gebäude mit einem besonderen Zweck. Die ursprüngliche Nutzung des Hauses sollte jedoch weiter erforscht werden.
Wandel der Jahrhunderte – Der Umbau von 1473 und seine Spuren
Der erste datierbare Eingriff in die ursprüngliche Bausubstanz fand 1473 statt. Das Gebäude wurde erhöht, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die romanischen Stufengiebel wurden entfernt und auf die Deckenplatten wurde zusätzliches Mauerwerk aufgesetzt. Auch die Brüstungen an den Längsseiten wurden erhöht, um dem Haus ein zweites Stockwerk zu geben. Die Gesamthöhe wurde nur geringfügig verändert und die seitlichen Brüstungen wurden nur um etwa 30 cm angehoben.
Über einem dritten Stockwerk erhebt sich seither ein gotisches Kehlbalkendach, das einen zusätzlichen Bodenraum enthält. Dieses Dach ist heute noch in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Die Rückseiten der Treppenhausgiebel, die einst über das Dach hinausragten, wurden zu den Innenseiten des neu geschaffenen Dachgeschosses. Dadurch blieb die einstige Putz- und Farbgestaltung der Außenfassade teilweise erhalten und konnte unter den später aufgetragenen Putzschichten deutlich nachvollzogen werden.
Auch die Abdrücke der Dachbalken des romanischen Dachstuhls sind an denselben Stellen zu erkennen. Die Treppengiebel sind im Inneren des Hauses deutlicher zu erkennen als an der Außenfassade. Die Abdeckplatten heben sich deutlich von dem umgebenden Bruchsteinmauerwerk ab. Im Inneren ist die ehemalige Bogenöffnung ebenfalls deutlich sichtbar.
Vermutlich wurden bei diesem Umbau auch die romanischen Rundbogenfenster zugunsten modernerer gotischer Rechteckfenster aufgegeben. Die runden Laibungen wurden durch zusätzliches Mauerwerk verdeckt und blieben so erhalten.
Erweiterung im 17. Jahrhundert – Neuer Wohnraum
Im Jahr 1698 wurde eine weitere bauliche Veränderung am Gebäude vorgenommen, höchstwahrscheinlich, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. An der östlichen Längsseite wurde ein Anbau errichtet, der auf jeder der drei Etagen etwa 15 Quadratmeter zusätzlichen Raum schafft. Interessanterweise ist die Geschosshöhe des Anbaus um ein halbes Stockwerk höher. Deshalb musste auf jeder der drei Etagen des Altbaus eine kleine Verbindungstreppe gebaut werden.
Veränderungen im Inneren – Spuren der Zeit in den Decken und Wänden
Damit verbunden sind weitere Veränderungen im Inneren des Gebäudes. Die romanischen Holzbalkendecken im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss erhielten Längsbalken. Die neuen Tannenbalken ruhen auf senkrechten Holzbalkenstützen. Eine dendrochronologische Untersuchung im zweiten Stockwerk hat das Alter dieser Balken eindeutig bestimmt.
Unter den romanischen Decken wurde ein Belag aus dem typischen barocken Lehm-Stroh-Gemisch aufgebracht und mit Kalkputz überzogen. Barocke Lehm-Stroh-Gemische finden sich auch auf der Innenseite der Wände, um den älteren Putz zu ergänzen.
Fenster im Wandel der Zeit – Einblicke in die architektonische Evolution
Eines der beiden Fenster an der Ostseite wurde vergrößert und als Durchgang in den neuen Anbau genutzt. Diese Öffnung wurde später wieder verkleinert. Die verschiedenen Ansätze sind freigelegt und erkennbar. Besonders interessant ist die seitliche Verschiebung dieser Mauerwerksöffnung. Die unterschiedlichen Materialien zeigen deutlich die einzelnen Phasen des Umbaus.
Eine Trennwand hinter der angebauten Treppenöffnung teilt das Haus im ersten Obergeschoss in einen Nord- und einen Südraum. Die ältere, später zugemauerte Tür ist noch deutlich sichtbar. Auch das zugemauerte Fenster auf der Nordseite ist noch sichtbar. Das Fenster an der östlichen Längsseite ist das ursprüngliche, obwohl seine Form später verändert wurde. Die romanische Fensterlaibung ist erhalten geblieben und auch von außen gut sichtbar. An der Westfassade sind die späteren mehrfachen Veränderungen an den Fenstern besonders gut sichtbar.
Die Fenstereinfassung ist aus Holzbalken gefertigt. Ursprünglich gab es eine Mittelstütze, wie der erhaltene obere Querbalken zeigt. Auf der einen Seite steht noch das alte Längsholz, auf der anderen Seite bilden maschinell gezogene Ziegel aus dem 20. Jahrhundert die Fenstereinfassung.
Verlegung des Kellereingangs
Bei der Errichtung des barocken Anbaus wurde der ursprüngliche Kellereingang verlegt. Der neue Eingang befindet sich seitdem in der südlichen Querseite und ist mit Maschinenziegeln des frühen 20. Jahrhunderts gefasst. Die barocke breitere Treppe ist noch vorhanden und befindet sich hinter der Eingangstür. Der östliche Teil des Kellers wurde durch eine eingezogene Zwischenmauer abgeteilt. Die Mauer steht teilweise auf den Treppenstufen und verkleinert dadurch den Eingang. Im Kellerinneren ist der Zweck dieser Unterteilung zu erkennen. Der neue Raum, der sich zur Rückseite befindet, diente als Luftschutzkeller.
Zweiter Anbau: Wandel vom Stall zum Wohnraum
Der zweite Anbau im Norden an der Emser Straße wurde im 19. Jahrhundert zunächst als eingeschossiges Stallgebäude mit Pultdach errichtet. Der Bodenraum unter dem Pultdach wurde als Heuboden genutzt.
Im Jahr 1926 wurden die beiden Räume im Erdgeschoss auf eine Raumhöhe von 2,70 Metern abgesenkt. Sie wurden dann durch eine Tür verbunden und als Wohnräume genutzt.
Vier Jahre später wurden das neu errichtete Dachgeschoss ausgebaut, der Anbau errichtet und zwei weitere Wohnräume im Obergeschoss geschaffen. Außerdem wurde ein neues Dach mit Stauraum angebaut. Die 1926 angebaute Holztreppe zum Obergeschoss wurde überdacht und später zu einer Innentreppe umgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Erdgeschoss zu einem Ladengeschäft umgebaut.
Foto: Karl-Heinz Melters, Aachen
Überlebensgeschichte des gotischen Dachstuhls – Eine Begegnung mit Baufälligkeit und Kriegszeit
Der gotische Dachstuhl des Romanischen Hauses aus dem Jahr 1473 ist noch auf dem Gebäude vorhanden. Ursprünglich sollte er 1939 aufgrund von Baufälligkeit ersetzt werden. Die Arbeiten verzögerten sich aufgrund der Materialwirtschaft nach Kriegsbeginn. Glücklicherweise wurde die Anordnung des Bauinspektors nicht vollständig umgesetzt, aufgrund von Geldmangel und Unstimmigkeiten zwischen den beiden Eigentümern und Bewohnern. Die Dachbalken wurden nicht verändert. Lediglich die Dacheindeckung wurde erneuert und darunter eine Schicht aus Brettern angebracht, die mit Brandschutzfarbe gestrichen wurde.
Basaltlava und stauferzeitliche Architektur – Das einstige Tor des Horchheimer Wohnturms
Unmittelbar südlich des Wohnturms standen einst zwei halbrunde Torpfosten aus Basaltlava, die bis zu ihrem Abbruch nach dem zweiten Weltkrieg zu einem großen Tor gehörten. Der linke Pfosten lehnte direkt am Wohnturm an. Ähnliche Torpfosten waren auch am romanischen Wohnturm in Pfaffendorf vorhanden, wurden aber später entfernt. Dieser als „Koblenzer Tortyp“ bezeichnete Torpfostentyp war besonders steil proportioniert und wurde auch in anderen Orten wie Leutesdorf und an der Burg Andernach gefunden. Die Horchheimer Torpfosten sind älter als der Wohnturm selbst und stammen aus dem 12. Jahrhundert, was darauf hindeutet, dass sie zu einem Vorgängerbau gehörten, der mindestens ins späte 12. Jahrhundert zurückreicht.
Historischer Schatz gerettet – Wie Koblenz das verfallene Wohnhaus vor dem Untergang bewahrte
Das Romanische Haus in Horchheim ist das älteste erhaltene Wohnhaus in Koblenz. Seine historische Verbindung mit dem Stift St. Florin endete 1803 mit der Aufhebung des Stifts und dem Tod des letzten Pächters, Johannes Sauter. Der Koblenzer Rat Meurer erwarb das Anwesen 1819 und verkaufte die Ländereien sowie das Haus 1822 einzeln an Bürger aus Horchheim.
Das Romanische Wohnhaus wurde am 24. Juni 1992 förmlich unter Schutz gestellt. Das Landesamt für Denkmalpflege – Referat Bauforschung – unterzog das Gebäude 1993/1994 einer intensiven Bauuntersuchung, die ein verformungsgerechtes Aufmaß, eine Dokumentation in Text und Bild sowie eine dendrochronologische Bestimmung des originalen Dachstuhls umfasste. Mit der bauhistorischen Untersuchung wurden die wissenschaftlichen Grundlagen für eine wünschenswerte Restaurierung geschaffen.
Am 20. Dezember 1995 fand ein Ortstermin mit dem zuständigen Gebietsreferenten des Landesamtes für Denkmalpflege, dem Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Koblenz und dem Prüfstatiker der Stadt statt. Anlass waren die von den Eigentümern vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der weiteren bautechnischen Sicherung des Giebels und des Dachstuhls.
Die Eigentümer waren aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse nur in der Lage, Notmaßnahmen am Haus durchzuführen, nicht aber, das Anwesen langfristig zu erhalten. Deshalb wurde das Objekt in die vom Landesamt für Denkmalpflege zusammengestellte Broschüre „Verkäufliche Kulturdenkmäler“ aufgenommen. Verschiedene private Interessenten wurden jedoch durch den schlechten baulichen Zustand abgeschreckt.
Die Denkmalfachbehörde war der Auffassung, dass eine langfristige Erhaltung des Hauses nur möglich ist, wenn es in öffentliches Eigentum überführt wird, sei es der Stadt Koblenz oder des Landes Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2001 erwarb die Stadt Koblenz das Baudenkmal nach langen Verhandlungen von seinem letzten privaten Eigentümer. Das Haus befand sich zu dieser Zeit in einem stark vernachlässigten Zustand und stand seit mehreren Jahren leer.
Tag des offenen Denkmals 2002
Am Tag des offenen Denkmals 2002 öffnete die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Haus erstmals für einen Tag und präsentierte die Ergebnisse der gerade abgeschlossenen Untersuchung der Bausubstanz.
Rettung durch Fördermittel – Sanierung dank finanzieller Unterstützung
Von 2005 bis 2013 wurden umfangreiche bauliche Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten durchgeführt, die durch den Bund, das Land Rheinland-Pfalz und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gefördert wurden. Die Außenwände wurden durch Verpressen stabilisiert und das Dach mit Schiefer neu eingedeckt. Stahlanker sorgen dafür, dass die Dachkonstruktion sicher mit den Giebelwänden verbunden ist.
Im Inneren wurden neuere Wände entfernt, um sich den mittelalterlichen Grundrissen anzunähern. Darüber hinaus wurde die barocke hölzerne Spindeltreppe instand gesetzt. Der Anbau aus dem 19. Jahrhundert, der zuletzt als Drogerie genutzt wurde, wurde abgerissen, um das Haus zu entlasten. Das barocke Gebäude auf der Rückseite, das stark von Pilz befallen war, wurde ebenfalls entfernt.
Vom Verfall zur Museumsperle – Zukunftsperspektiven für das sanierte Stadthaus in der Emser Straße
Am 12. November 2010 fand ein Treffen statt, zu dem die Ortsvereinsvorsitzende der SPD Horchheim, Gertrud Block, eingeladen hatte. Anwesend waren Vorstandsmitglieder des Ortsvereins, der Landtagsabgeordnete David Langner (MdL) sowie die Vertreter der Heimatfreunde Jochen Hof und Helmut Mandt. Herr Mohr vom städtischen Hochbauamt informierte über den Stand der Sanierungsarbeiten am Romanischen Haus in der Emser Straße. Zum damaligen Zeitpunkt gab es noch keine Entscheidung über die künftige Nutzung des Hauses.
Gertrud Block schlug vor, dass sich der Ortsring als Arbeitsgemeinschaft der Horchheimer Vereine damit befassen und die Wünsche der Bürger an die politischen Entscheidungsträger weiterleiten solle. Die SPD Horchheim schlug die Einrichtung eines Bürgerzentrums vor, die Heimatfreunde die Einrichtung einer Etage als Mendelssohn-Museum. Der Vorschlag war Gegenstand eines Artikels in der SPD-Stadtteilzeitung „Hoschemer Käs“ vom Januar 2011.
Fotos aus dem Archiv von Jochen Hof
In Koblenz stand damals laut Oberbürgermeister Eberhard Schulte-Wissermann der Ausbau der Festung ganz oben auf der Agenda, gefolgt vom 800 Jahre alten „Romanischen Haus“, dem ältesten Gebäude der Stadt. Schulte-Wissermann versprach sich davon eine touristische Aufwertung der Stadt, auch im Hinblick auf die Bundesgartenschau 2011.
Finanzierung und Nutzungsperspektiven im Fokus
Der Horchheimer Wohnturm ist ein einzigartiges Bauwerk, da er in seiner Originalsubstanz nahezu unverändert erhalten ist und die Zeiten überdauert hat.
Mit den Mitteln aus dem Investitionsprogramm „Nationale Welterbestätten“ in Höhe von insgesamt 450.000 Euro wurden verschiedene Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen, notwendige Abbrucharbeiten, Restaurierungsarbeiten und Bauforschungen durchgeführt. Weitere Mittel für den Innenausbau stehen in diesem Investitionsprogramm nicht zur Verfügung. Die Fördermittel von Bund und Land wurden unter der Voraussetzung bewilligt, dass das Gebäude später als öffentliches Museum genutzt wird. Aufgrund der ungeklärten Nutzungsfrage hat die Verwaltung keine Haushaltsmittel für den Innenausbau angemeldet.
Aus denkmalpflegerischer Sicht ist die Geschichte des Romanischen Hauses noch nicht abgeschlossen. Um das Baudenkmal langfristig zu erhalten, ist eine schonende Nutzung erforderlich. Diese zu finden, ist eine Herausforderung für die Stadt Koblenz, denn auch Putz, Böden, Decken und Dachstuhl des Hauses sind noch historisch4. Ein mittelalterliches Haus mit einem so reichen Originalbestand ist von unschätzbarem Wert. Diese Bedeutung schränkt jedoch die Nutzungsmöglichkeiten erheblich ein, da der historische Bestand umfassend erhalten werden muss.
- Dieses Datum weist das Haus eindeutig als das älteste erhaltene Profangebäude der Stadt Koblenz aus. ↩︎
- Jungandreas teilt mit, dass für 1242 eine domus für Horchheim genannt wird, wobei mit dem Begriff domus ein steinerner Bau gemeint gewesen sein dürfte. In diesem Jahr schenkte Wilhelm von Helfenstein einer Koblenzer Beginenvereinigung, aus der das Koblenzer Zisterzienserinnenkloster hervorgegangen ist – deren erste Äbtissin war Benigna von Helfenstein, Tochter besagten Wilhelms von Helfenstein – die domus, und zwar mit Zubehör und Weinbergen. Teile der Schenkung werden durch Urkunden später bestätigt, nicht aber die domus. In Horchheim war der Wohnturm gerade erst fertiggestellt worden (1241; s. u.). Es ist also verlockend, den Wohnturm mit dem Geschenk des Helfensteiners gleich zu setzen, wenn dieser Vorgang auch nicht zu beweisen ist! Erschwerend kommt hinzu, dass die Erzählung von der Origo et propagatio monasterii Virginum ad antiquam Lheram erst 1661 zusammengestellt worden ist, demnach 420 Jahre nach dem angeblichem Ereignis! ↩︎
- Die gesamte mittelalterliche Profanarchitektur war mit einem mehr oder weniger farbigen Außenputz überzogen. In der späten spätstaufischen Epoche hatten viele Gebäude einen rot-weißen Kontrast, so auch der Horchheimer Wohnturm. Das eigentliche Bauwerk war außen rot gestrichen und wies eine weiße Fugenmalerei auf. ↩︎
- Darüber hinaus lieferte das Gebäude reiche Farbfunde und eine Fülle dendrochronologischer Daten, die seine Entstehung einschließlich der großen Umbauphase im Spätmittelalter genau dokumentieren. Die Profanarchitektur dieser Zeit hatte immer eine Außenfassade. Ein Gebäude wie der Wohnturm benötigt aus den genannten Gründen unbedingt eine Außenfassade. Es ist unverständlich, dass die Verantwortlichen der Stadt Koblenz dies nicht erkannt und umgesetzt haben, zumal der Wohnturm monatelang eingerüstet war und nichts geschehen ist. Eine Außenfassade wäre nicht nur ästhetisch ansprechender, sondern entspräche auch der mittelalterlichen Praxis, Gebäude zu verputzen. Ein solcher Putz dient in erster Linie als Schutz- und Verschleißschicht. Das Äußere des Wohnturms ist derzeit sehr unansehnlich, so dass ein Laie die Bedeutung und Schönheit dieses einzigartigen Bauwerks im Rheinland nicht erkennen kann. ↩︎
Quellen:
Amt für Stadtentwicklung und Bauordnung
Koblenz, 12.11.2012
Stellungnahme zu Antrag/Anfrage Nr. AF/0130/2012
Betreff: Anfrage der CDU-Ratsfraktion – Romanisches Haus in Koblenz-Horchheim (Emser Str. 389)
Erich Engelke M. A.
Der Präsenzhof des Stifts St. Florin in Horchheim – eines der bedeutendsten Kulturdenkmale in Rheinland-Pfalz
Horchheimer Kirmeszeitung 2003
Erich Engelke
Das romanische Haus in Koblenz Horchheim.
Sonderveröffentlichung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Ortskuratorium Koblenz – Mittelrhein
zum Tag des offenen Denkmals 2002.
Landtag Rheinland-Pfalz
Drucksache 12/8027 vom 16.01.1996
Kleine Anfrage 4211 des Abgeordneten Fredy Schäfer (CDU) und
Antwort des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen
Markus Meinen M.A.
Ein kleines Städtchen verträumt am Rheinesstrand
Horchheimer Kirmeszeitung 2008
SPD-Stadtteilzeitung „Hoschemer Käs“,
Januar 2011.
Stadtverwaltung Koblenz
Redaktion koblenz.de
Denkmal des Monats Februar 2022
Eines der ältesten Häuser von Koblenz
Udo Liessem
Horchheim 1214 – 2014
Die profanen Denkmäler – Ein Überblick
Eine Festschrift zur Geschichte der Katholischen Pfarrei St. Maximin und des Stadtteiles Koblenz-Horchheim aus Anlass des 800-jährigen Bestehens der Pfarrei
Bearbeitung und Zusammenstellung:
Andreas Weber, Koblenz-Horchheim
Titelbild: Romanisches Haus in Horchheim
Tusche und Aquarell von Anton Nikolaus Franck 1964
Reproduktion: Lothar Stein
Horchheimer Kirmes Magazin
Kirmes Magazin 2003 | Das älteste Wohnhaus der Stadt Koblenz
Der Präsenzhof des Stifts St. Florin in Horchheim – eines der bedeutendsten Kulturdenkmale in Rheinland-Pfalz
von Erich Engelke M. A.
Kirmes Magazin 2008 | „… ein kleines Städtchen verträumt am Rheinesstrand“
Wo einst so manche Burg bestand
von Markus Meinen M. A.
Kirmes Magazin 2010 | Ein Kleinod mittelalterlicher Baukunst in Horchheim
Aktuelles „aus erster Hand“ in Sachen Romanisches Haus in der Emser Straße von Rolf Molkenthin, Denkmalpfleger beim Amt der Stadt Koblenz für Stadtentwicklung und Bauordnung
Mehr zum Romanischen Haus und seinen Bewohnern zur Zeit des Präsenzhofes St. Florin von Manfred Gillissen