Das älteste Haus Horchheims ist das Haus Emser Straße 389, in dem sich über viele Jahrhunderte der Präsenzhof des Koblenzer Stiftes St. Florin befand. Zur Zeit ist das Landesamt für Denkmalpflege in Mainz mit der Stadt Koblenz bemüht, mit dem derzeitigen Besitzer, der Familie Lahnstein, eine Lösung zu finden, dieses Kleinod romanischer Wohnbaukultur der Nachwelt zu erhalten und einer ihm angemessenen Nutzung zuzuführen.


Hofmann Schweickert

Die erste Verpachtung des Hofhauses mit Äckern und Wiesen – St. Florin hatte seinen Weingartsbesitz gegen Drittelertrag an eine Vielzahl Horchheimer Bürger verlehnt – datiert vom Jahr 1572. Am 20. August reversieren sich Augustin Schweickart und seine Frau Katharina Metzler, deren Eltern schon Hofleute von St. Florin gewesen waren, gegenüber dem Stift, dass sie den Präsenzhof mit Hof und Garten an der Oberpforte, gelegen zwischen Tonges Craußen Erben und Jeckel Lenßen, sowie 17 Ackerstücke von7 Malter 2 ½ Sömmer Größe auf 20 Jahre für jährlich 5 Gulden gepachtet haben. Die Felder liegen meist in unmittelbarer Nähe des Gemeindewaldes in den Fluren „auf Lahnsteiner Wege genannt Dahl“, „auf der langen Hecken vor Hoimburgh“, „im hintersten Brämacker“, „auf Berlentzsbach“ (Bertelsbach)“, „vor der Creutzhecken“, „bei dem Schlage auf dem Emserwege“, „auf der Eschhecken“ (Escherfeld), „in und auf der Langenheck“ und „vor Pfaffendorfer Wald“. Die Ackerränder sind zum Teil mit Eichen und Hainbuchen bewachsen, ein Zeichen dafür, dass der Hof lange Zeit schlecht oder gar nicht bebaut worden war. Nur zwei Stücke – früher Weingärten – lagen in unmittelbarer Nähe des Dorfes „im Niederfeld“ sowie ein Feld „im Loe“, das mit Obstbäumen bestanden war. Es folgen die üblichen Pachtbedingungen, nämlich das Hofhaus in Dach und Fach, die Güter in gutem Bau zu halten, nichts zu vertauschen oder zu veräußern oder weiter zu verlehnen. Auch sollen Pächter auf die Drittelwingerte Obacht halten und im Herbst den Windelboten und Kelterknechten des Stifts Beköstigung und Nachtruhe gewähren sowie fünf Tage vor der Lese die Bütten wässern, damit kein Weinmost durch Undichtigkeit verloren gehe. Zur Beköstigung der Knechte steuert St. Florin den Wein bei. Solle der Hof durch Nachlässigkeit des Pächters durch Brand zerstört werden, so ist dieser verpflichtet, ihn wieder auf seine Kosten aufzubauen.

Übrigens sind uns zwei Windelboten von St. Florin, die die Weinlese und das Keltern der Trauben überwachen, bekannt, denn am 7.5.1601 sagt der 93jährige Hans Schumacher von Boppard, er sei 46 Jahre und vor ihm Hans von Wetzlar Windelbote und Diener von St. Florin gewesen. Hans von Wetzlar ist um 1550 in Horchheim als Glöckner tätig. Er ist wohl auch Lehrer im Dorf, da um diese Zeit Schulmeister- und Glockenamt miteinander verbunden waren.

Der neue Hofmann von 1572 ist identisch mit jenem Augustin Schweickart, der am 29.10.1587 von Pastor Simon Schönecken, den Sendschöffen Paulus Heyer, Ludwig Hirtter, Thomas Lähner und den Kirchenmeistern Bernhard Holbach und Franz Becker den ruinösen und baulosen alten Pfarrhof für 250 Gulden kauft und ihn wieder in einen baulichen Zustand bringt. Dieser Kauf von 1587 und die Renovierung des Hauses dürfen als Zeichen dafür gewertet werden, dass sich Schweickart durch die Bebauung seiner eigenen Güter und die Pachtung des Florinshofes – im Hofhaus hatte er eine Wirtschaft eingerichtet, denn am 16.2.1585 bekennt er, dass die Florinsherren ihm vergönnt hätten, auf drei Jahre ein Schild an ihren Hof zu hängen – in guten wirtschaftlichen Verhältnissen befand.

Im Gegensatz zu ihm war die Mehrheit der Horchheimer Bevölkerung in dieser Zeit stark bei Juden aus Lützel, Koblenz und Ehrenbreitstein sowie der Führungsschicht und Kaufmannschaft von Koblenz verschuldet, so dass im Frühjahr bereits die Schar – die im Herbst einzufahrende Ernte – verpfändet werden musste. Besonders der Horchheimer trierische Schultheiß von 1562 bis 1574, Mattheis Baur von Irsch, der noch 1559 Schultheiß zu Montabaur war, tritt gehäuft als Geldgeber in Erscheinung. Augustin Schweickert selbst wird noch 1597 als Hofmann genannt.


Die Schweickerts

Er entstammt einer uralten Familie, die bereits im 15. Jahrhundert in öffentlichen Ämtern in Horchheim vorkommt. Zu nennen wären die Schöffen Heintz Swicker 1457 – 7471, Hans Schweickardt 1546 – 1573, später Friedrich Schweickert 1609 – 1615 sowie die trierischen Schultheißen zu Horchheim Johan Swicker 1507, Friedrich Schwickert 1557- 1561, Hans Schweickardt der Alte 1578 – 1601 (1574 Schultheißereiverwalter) und die aus Horchheim stammenden Johann Schweickart, Schultheiß zu Irlich 1618, dann ab 1618 bis 1640 Schultheiß zu Engers, sowie dessen Sohn Caspar, ebenfalls Schultheiß zu Engers. Außerdem sind Angehörige der Familie zu Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts Hofleute der Herren von Eltz und im 15. Jahrhundert Hofmänner der Frau Jamanns zu Horchheim. Die Familie ist noch heute in Horchheim und Niederlahnstein vertreten. Die Niederlahnsteiner Schweickert gehen auf einen Michael Schweickert zurück, der kurz vor 1650 von Horchheim nach Niederlahnstein verzogen ist.


Der unbequeme Hofmann Lütz

Augustin Schweickart stirbt wahrscheinlich Ende 1597, Anfang 1598. Seine Witwe heiratet Ende 1598 den Jacob Lutz von Koblenz. Da St. Florin der neue Ehemann als Hofmann nicht genehm ist, werden beide des Hofs entsetzt, worauf die neu verheiratete Witwe beim Kurfürsten vorstellig wird und gegen St. Florin klagt. In einem Gegenbericht seitens St. Florin beim Kurfürsten werden die Gründe genannt, warum man die Pacht nicht fortsetzen will. Obwohl schon die Eltern der jetzigen Frau Lutz den Hof von St. Florin gepachtet hatten, sei die Verlehnung von 1572 keine Erb- und ewige Lehnung gewesen, sondern ihr und ihrem ersten Mann Augustin Schweickert auf zwanzig Jahre verpachtet worden und die Pacht somit schon 1592 abgelaufen. Der Hof sei nur aus Gunst bis zum Tod ihres Mannes bei ihnen verblieben. Laut Lehnung sollten sie den Hof persönlich bewohnen, sie seien jedoch kurz danach ausgezogen und hätten ein Wirtshaus daraus gemacht. Außerdem hätten sie ihrem Herbstherrn und Windelboten übel gedient. Auch hätte sie nach dem Tod ihres Mannes ohne ihr Wissen einen gewissen Jacob Lütz geheiratet, der ihnen ein unbequemer Baumann (Hofmann) sei. Lütz habe in Koblenz mit der Feder sein Brot verdient, er sei ein Schreiberling und der Feldarbeit unerfahren. Überdieß sei er ein abtrünniger lutherischer Ketzer, allem Katholischen und vor allem den Geistlichen ein geschworener Feind. Auch sei dorfkundig, dass ihr Ehestand nicht der Beste sei. Sie befürchteten daher, dass die Präsenzgüter in Ab- und Untergang kämen. Auch habe die Lehnung den Passus gehabt, dass sie den Hof in gutem Fach und Fach zu halten und die Notdurft zu bauen schuldig gewesen wären, was nicht geschehen, so dass die Präsenz des Stifts dies habe selbst tun müssen.

In diesem Schreiben ist auch von einem Häuslein auf der Pforte die Rede, das bei der Lehnung von 1572 noch nicht erbaut war. Ob mit der Pforte die obere Pforte der Dorfbefestigung oder eine Pforte zum Florinshof gemeint ist, bleibt unklar. Fest steht jedoch, dass dieses Häuschen zum Besitz von St. Florin gehörte. Das Stift scheint mit seinem Gegenbericht beim Kurfürsten Gehör gefunden zu haben, denn in der Folge ist vom Ehepaar Lütz als Hofleuten nicht mehr die Rede. Man hat wahrscheinlich einen Kompromiss geschlossen, denn 1610 und nochmals am 13.4.1611 ist Augustin Schweickerts Schwiegersohn Eberhard Limburg im Namen von St. Florin in Hofangelegenheiten tätig, da ein Zins von 1 Gulden laut Urkunde vom 7.6.1528 säumig ist, worauf das Pfandobjekt, ein Weingarten „am Weidenborn“, im selben Jahr dem Präsenzhof gerichtlich zugeschlagen wird. Limburg wird wohl in dieser Zeit Hofmann gewesen sein. Er selbst ist nachweislich von 1602 bis 1615 Schöffe am Ortsgericht. Sein Stiefschwiegervater Jacob Lütz selbst hatte noch Kinder in Horchheim, den Schöffen und Schmiedemeister Lucas Lotz in Horchheim und den nach Niederlahnstein verzogenen Schneidermeister Hans Lotz, der einen schwedischen Leutnant vom Turm der Johanneskirche mit Steinen beworfen und Worten beleidigt hatte:

„lhr schwedischen Diebe und Schelme, was habt ihr hier zu tun?“

Daraufhin quartierten sich die Schweden zur Strafe mit 128 Mann acht Tage in Niederlahnstein ein und zogen erst ab, nachdem man ihnen, weil Lotz vom Turm entwichen war, 50 TaIer gezahlt hatte.

Die heute noch im Koblenzer Raum, besonders in Neuendorf, weit verbreitete Familie Lütz/Litz geht zurück auf einen 1650 in Niederlahnstein geborenen Jacob Lütz, der 1681 in Koblenz-Liebfrauen die Tochter Anna Maria des Peter Zervas geheiratet hatte. Dieser später in Neuendorf ansässige Jacob Lütz ist Urenkel des gleichnamigen Horchheimer Hofmanns von 1598.


Hofmänner Rheinspitz und Camp

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) hören wir nichts über den Hof. Erst 1654 wird Johannes Rheinspitz als Hofmann erwähnt, der mit einem Nahrungsanschlag (Steuer) von 300 Gulden hoch angeschlagen wird. Rheinspitz selbst taucht 1622 als von Steinscher Hofmann erstmals in Horchheim auf. 1628 ist er Geschworener der Gemeinde. Er wird hoch geschätzt, denn man wählt ihn wiederholt zum Heimburgen, so 1631, 1639, 1647 und 1648. Von 1644 bis 1658 ist er als Schöffe und in derselben Zeit als Send (Kirchenschöffe) bezeugt. Seine Familie stammt aus Niederlahnstein, wo ein Johannes Rheinspitz und seine Frau Gertrud von 1574 bis 1586 sieben Kinder taufen lassen. Rheinspitz stirbt wahrscheinlich 1658, denn seine Witwe Elisabeth ist Anfang 1662 Patin beim letzten Kind des Johann Camp und seiner Frau Katharina. Ob diese Patenschaft über verwandtschaftliche Bindungen dazu führte, dass Simon Camp, der sich 1685 als „etlich 30 Jahr“ bezeichnet, also um 1650 geboren wurde, Florinsherrenhofmann wurde, ist nicht mehr festzustellen. Tatsache ist, dass er ab 1678 bis zu seinem Tode am 13. 3. 1695 Pächter des Hofes ist. Verheiratet war er seit 1676 mit Maria Walter, der Schwester des damaligen Horchheimer Pastors Johann Nicolaus Walter, Pfarrer von 1675 bis 1690. Mit ihr hatte er 9 Kinder. Kurz vor seinem Tod wird er 1694 zum Heimburgen gewählt und bekleidet 1692 das Amt des Schützen und Holzgebers. 1682 ist er Brudermeister der Liebfrauen und 1685 der St. Sebastianusbruderschaft.

Aus den Geburtszeugnissen, ausgestellt vom Gericht Horchheim am 30.10.1717 bzw. 1.11.1723, für seine als Zimmerleute tätigen Söhne Balthasar, geboren 1684, und Johann Simon, geboren 1691, geht hervor, dass seine Eltern Paulus und Johanna Camp waren. Dieser Paulus Camp oder Paulus von Camp, wie er sich 1629 und noch 1644 nach seinem Geburtsort Kamp-Bornhofen nennt, wird am 20.1.1640 Jesuitenhofmann zu Horchheim. Er stirbt im Juli 1661. Johann Gerhard Camp, Bruder unseres Florinshofmanns Simon Camp, von Beruf ebenfalls Zimmermann, ist 1684 Eltzischer und 1688 vom Steinscher Hofmann zu Horchheim und als solcher Wittgensteinischer Vogt und Kelner auf dem „Kaaf“, dem Steinschen Burghaus auf halber Höhe des Sayner Burgberges. 1690 wird er Heimburge zu Horchheim und ist von 1690 bis zu seinem Tod am 29.10.1704 (Grabstein) Send und Gerichtsschöffe. Sein 1665 geborener Sohn Carl Camp ist 1702 Hofmann des Klosters Mariaroth zu Horchheim.

Nach dem Tod von Simon Camp 1695 wird der Florinshof von der Witwe und den Söhnen weiter bewirtschaftet. 1702 wird der älteste Sohn, der 1677 geborene Christian Camp, als Hofmann bezeichnet. Er heiratet in erster Ehe 1701 die Maria Magdalena Schwang, die 1709 stirbt, und in zweiter Ehe im selben Jahr die Sophia Niebern aus Niederlahnstein. Mit seinen zwei Ehefrauen zeugt er insgesamt 18 Kinder. Er stirbt 1733 unter Hinterlassung noch unmündiger Kinder. Er selbst führte ein christliches Leben, ist nachweislich von 1723 bis 1733 Sendschöffe, 1711 und 1712 Vorsprecher am Gericht und danach bis zu seinem Tod 1733 Gerichtsschöffe. 1711 bekleidet er das Kirchenmeisteramt und wird 1715 Bürgermeister zu Horchheim. Seine erste Frau Maria Magdalena Schwang, geboren 1679, war die Tochter des Johann Schwang und der Barbara Göbell. Schwang selbst war bis zu seinem Tod 1730 Send- und Gerichtsschöffe, 1692 Gemeindegeschworener und 1704 Heimburge zu Horchheim und nach dem Tod seines Schwiegervaters, des am 17.12.1686 verstorbenen trierischen Schultheisen Johannes Göbell, von Ende 1686 bis 1692 Schultheisereiverwalter und von 1678 bis 1700 Ludimagister (Lehrer) an der Horchheimer Schule.

Die Familie Schwang selbst ist im 17. und 18. Jahrhundert wohl eine der interessantesten Familien Horchheims. Neben den in Horchheim verbliebenen Mitgliedern, die verschiedene Gemeindeämter ausüben und als Gerichts- und Sendschöffen tätig sind, studieren einige erfolgreich, werden Geistliche oder Juristen. Ein Schwang wird Offizial des geistlichen Gerichts in Koblenz, ist Kanonikus am Domstift zu Limburg und einer der Hauptinitiatoren, dass die alte, am Rhein gelegene Peterskirche in Neuendorf größer als ursprünglich geplant erbaut wird. Ein anderer Schwang ist Pastor in Ransbach, Niederlahnstein und Kesselheim. Ein juristisch ausgebildeter Schwang wird Ende des 17. Jahrhunderts Stadtschreiber in Kochem, und eine Tochter des Johannes Schwang heiratet einen Professor der Universität Trier.

Christian Camps zweite Frau Sophia Niebern, geboren 1689 in Niederlahnstein, ist die Tochter des Deutschherrenhofmanns Johannes Niebern und seiner aus Waldbreitbach stammenden Frau Anna Maria Höcht (Högt). Interessant ist eine Bescheinigung des Gerichts Horchheim vom 20.7.1789 in einem Rechtstreit der Universität Trier als Verwalter des Vermögens der Witwe Professor Susewind geb. Schwang aus Horchheim gegen den Neffen der Witwe, Johann Thomas Breitbach, Kaufmann und Stadthauptmann zu Koblenz, wegen der von der Witwe Susewind vermachten 3.000 Reichstaler zur Stiftung einer Frühmesse in Horchheim. Darin heißt es, dass die Eltern der Ottilia Camp – sie ist Nichte der Witwe Susewind und Nichte, Miterbin und Haushälterin des Offizials Johann Conrad Schwang, von dem die 3.000 Reichstaler ursprünglich stammen – nicht das geringste Vermögen besessen, nur Hofleute des Stifts St. Florin gewesen und keine eigenen Güter gehabt hätten. Dies zeigt auch ein Blick in das Horchheimer Extraktenbuch vom 22.6.1719. Für Christian Camp ist nur ein Eigenbesitz von 36 Ruten Acker in Horchheim und 610 Stock in Niederlahnstein angegeben, ein Zeichen dafür, dass Camp neben der Ernährung seiner 18 Kinder jeden Heller und Pfennig in den Erhalt seines Pachtgutes steckte und damit für St. Florin ein guter und rechtschaffener Pächter gewesen ist. Nach Camps Tod 1733 setzt seine Witwe die Lehnung fort. Sie scheint 1742 verstorben zu sein, denn im selben Jahr bittet wiederholt der Gerichtsschöffe zu Niederlahnstein, Johannes Rübenach, die Tochter Anna Wilhelma des Horchheimer Florinshofmanns Christian Camp, die schon neun Jahre auf dem Deutschordenshof zu Niederlahnstein bei ihrem Onkel Martin Reck als Magd beschäftigt sei und gute Kenntnisse im Acker- und Weinbau besitze, als Hoffrau zu Horchheim anzunehmen, da sein Sohn Carl Rübenach dieselbe zu ehelichen gedenke. Die Verbindung der beiden kommt jedoch nicht zustande, sie heiratet 1745 den Johann Ems.


Hofmann Göbel

Neuer Hofmann wird Johann Adam Göbel, der am 1.5.1743 die 1712 geborene Tochter Anna Maria des Christian Camp heiratet. Noch vor der Heirat verbürgt sich seine Mutter Barbara Raubach, Witwe des Johann Wilhelm Göbel, für ihren Sohn, der mit seiner zukünftigen Frau den Florinshof übernehmen will, und setzt dem Stift einen Garten ,,hinter der Kirche“ im Wert von 100 Reichstalern, eine Wiese „in der Bertelsbach“ von 100 Reichstalern und eine Wiese „auf Frantzgesfeld“ im Wert von 50 Reichstalern zu Pfand. Göbel entstammt einer angesehenen Horchheimer Familie. Sein verstorbener Vater, der Send- und Gerichtsschöffe Johann Wilhelm Göbel, war ein äußerst tätiger Mensch, der neben der Bebauung seiner eigenen Weingärten und Felder den Altenberger Hof von seinem Schwiegervater Johannes Raubach übernommen hatte. Neben reger Bautätigkeit – er baute die beiden abgerissenen Häuser in der Emserstraße (vormals Hotel Holler resp. Kaffee Zimmermann und das im Freilichtmuseum Sobernheim auf Halde liegende und den Dornröschenschlaf schlafende stattliche Fachwerkhaus, das ehemals auf dem Rewe-Parkplatz neben der Römerapotheke gestanden hatte) – betrieb er eine gutgehende Bierbrauerei und Gastwirtschaft. Johann Adam Göbel stirbt am 10. 6. 1758.


Hofmänner Camp und Sauter

Einige Tage später schreibt Conrad Camp an St. Florin, dass sein Schwager Johann Adam Göbel und seine Schwester Anna Maria unter Hinterlassung von zwei unmündigen Kindern verstorben seien und bittet, ihm den Hof zu überlassen, da seine Vorfahren den Hof über hundert Jahre besessen hätten. Camp erhält den Hof und bebaut ihn mit seiner Frau Eulalia Katharina Mantz, Tochter des Johannes Mands und der Anna Saur, bis zu seinem Tod am 24.7.1779. Seine Witwe setzt die Pacht bis 1787 fort.

Am 25.5.1787 schreibt sie, dass sie ihrer Tochter Anna Maria und deren Ehemann Johannes Sauter den Hof übergeben habe, und bittet das Kapitel, dem zuzustimmen. Sie stirbt am 4.2.1795. Johannes Sauter, Sohn des Laurenz Sauter von Arzheim, der am 1.8.1786 die 1768 geborene Tochter Anna Maria der Witwe Eulalia Katharina Camp geheiratet hatte, wird am 20.11.1801 vom Dechant Johann Anton Bolen von St. Florin auf 12 Jahre belehnt. Von 1787 bis 1812 wird er Vater von elf Kindern und mit seinem ebenfalls nach Horchheim verzogenen Bruder Stammvater der Horchheimer Sauter.

Zwischenzeitlich hatte sich die politische Landschaft grundlegend geändert. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25.2.1803 hatte das Heilige Römische Reich deutscher Nation und damit der Trierer Kurstaat aufgehört zu existieren. In der Folge werden das linke Rheinufer an Frankreich und die rechtsrheinischen Gebiete Kurtriers an den mit Frankeich verbündeten Rheinbundstaat Nassau abgetreten. So auch das kurtrierische Amt Ehrenbreitstein, zu dem Horchheim damals gehörte. Das Stift St. Florin wird enteignet, der Horchheimer Hof der nassau-weilburgischen Domänenkammer zugeschlagen. Ein übereifriger Beamter der neuen Regierung sieht in dem am 20.11.1801 abgeschlossenen Pachtvertrag seitens St. Florin mit Sauter eine offensichtliche Manipulation, da die Pacht zu niedrig angesetzt sei und das Stift die Grundsteuer zur Hälfte trage, also Nassau-Weilburg als Rechtsnachfolger diese ebenfalls tragen müsse, was unüblich sei. Er bittet um Einsichtnahme in den alten Pachtvertrag.

Mittlerweile war der Weinbau gegenüber dem Feldbau zurückgegangen. Mit Genehmigung der Regierung vom 15.10.1805 werden 1805/1806 insgesamt 2.197 Weinstöcke gerodet und zu Acker gemacht. Ein neuer Pachtvertrag vom 25.2.1806 bestimmt, dass der Pächter 6 Malter Korn, die Hälfte der Traubenernte und die Hälfte des Simpels (Steuer) zu zahlen habe, wogegen er von der Beköstigung des Herbstherrn befreit sein solle. Die Pachtzeit wird auf Bitten Sauters um 2 Jahre bis 1815 verlängert. Sauter wird in der Folge für 4 Jahre die Kornpacht schuldig, so dass die herzogliche Regierung bei der Kellerei Ehrenbreitstein am 4.5.1814 nach der Ursache fragt. Am 26.4.1814 schreibt Sauter an die herzogliche Hofkammer wegen des Pachtrückstandes. Er sagt, dass er durch häusliches Missgeschick und die Kriegszeiten (Durchmärsche und Einquartierungen) 18 Malter Kornpacht im Rückstand sei, worauf ihm die Kellerei Ehrenbreitstein die gerichtliche Exekution angedroht habe. Der Kellereibeamte ist allerdings Sauter gewogen. Am 21.2.1815 schreibt er, Sauter sei kein vermögender Mann, lange Zeit krank und habe viele Kinder. Er fragt, ob er Sauter angreifen und dessen Vieh beschlagnahmen oder ihm Ausstand gewähren soll in der Hoffnung, dass Sauters Bruder, Bürgermeister in Horchheim, ihn unterstützen und vom Untergang retten wolle.

Sauter schreibt weiter:

„In dieser bedrängten Lage bleibt mir kein anderes Mittel übrig, um mich und die Meinen vom nahen Untergang zu retten, als mich in die Arme meiner gnädigen Herrschaft zu werfen“.

Gleichzeitig präsentiert er die Quittung und Bescheinigung der Gemeinden Horchheim und Niederlahnstein, dass er die Grundsteuer und die Kosten der Einquartierung vom 5.11.1813 bis 23.3.1814, insgesamt 159 Gulden 4 ½ Kreuzer, bezahlt habe. Er bittet um Begleichung, um damit den Pachtrückstand bezahlen zu können, und verweist auf die hohen Kriegskosten von 1792 bis 1800, die am 12.9.1803 aufgestellt worden sind. So habe er in diesem Zeitraum manchmal bis zu 20 Personen, meist Unteroffiziere mit ihren Frauen, halten müssen. Der unterste Stock seines Hofhauses sei zur Wachtstube gemacht und total ruiniert worden. 1796 sei er zu Fronfahrten zum Bau der Batterie um die Festung Ehrenbreitstein und 1799 für die Franzosen zu insgesamt 177 großen und 350 kleinen Fahrten an Fourage, Brot und Fleisch herangezogen worden. Er gibt als Ziele Lutzerath, Kemel, Montabaur, Ems, Limburg, Neuwied, Heddesdorf, Meuth, Großholbach, Nastätten, Monreal, Polch, Ochtendung, Saffig, Arnstein, den Masserother Wald, Andernach, Heimbach Weis und Kamp an. Außerdem habe er 50 Zentner Heu liefern müssen, und ihm seien von den Soldaten 10.700 Weinbergspfähle entwendet worden.

Auf dieses Schreiben antwortet die Regierung, dass die Amtskellerei Ehrenbreitstein lediglich die gezahlte Grundsteuer ersetzen wolle. Sauter scheint auch diese Klippe umschifft zu haben. Anfang 1815 sagt er, seine Pachtzeit gehe Martini 1815 zu Ende, und bittet um weitere 12 Jahre um den Bestand des Hofes. Er schreibt:

„Die Kornpacht der vorigen Lehnung fällt zwar schwer, wenn Soldaten den Landmann aufzehren, was er an Ernährung seiner Familie mit seiner Arbeit dem Boden abgewinnet“.

In der Zwischenzeit hatte sich das Rad der Geschichte weiter gedreht. Nach der Schlacht bei Waterloo oder Belle Alliance hatte sich nach Napoleon Bonapartes Rückkehr von Elba das Glück zu Gunsten der Verbündeten und gegen Frankreich gewendet. Der anschließende Wiener Kongress, deren führender Kopf der 1773 in Koblenz im Metternicher Hof auf dem Münzplatz geborene spätere österreichische Haus-, Hof- und Staatskanzler Clemens Wenzeslaus Nepomuk Lothar Fürst von Metternich war, gestaltete die politische Landkarte um. Horchheim wurde der neu gebildeten Rheinprovinz Preußens zugeschlagen. Die preußische Regierung – der ehemals nassau-weilburgische Beamte Riel ist jetzt für die neuen Herren tätig – setzt am 30.8.1815 die Verpachtung des ehemaligen Florinshofes auf 9 Jahre bis 1824 an. Allein- und Letztbietender bleibt Johannes Sauter mit 6 Maltern Korn, „weil die ehemals herzogliche Hofkammer zu Weilburg die Pacht zu hoch angesetzt und keiner den durch den Krieg gelittenen Hofmann habe verdrängen wollen“, wie Riel schreibt. Sauter muss für 2 Jahre für die Pacht einen Bürgen stellen, wozu sich der frühere herzoglich-usingensche und nassau-oranische, jetzt preußische Schultheiß Georg Breitbach bereit erklärt. Das Hofgut wird verpachtet ohne Gewähr für Mängel, wie es sich darstellt. Die Pacht ist auch bei Unglücksfällen, Misswachs, Hagelschlag, Viehsterben usw. fällig. Die preußische Regierung trägt alle auf dem Hof liegenden Steuern und der Pächter verpflichtet sich, einstweilen die Einquartierungen von Soldaten zu tragen. Die Niederlahnsteiner Güter sind von der Verpachtung ausgenommen, da sie jetzt im Ausland liegen und dem Herzogtum Nassau zugefallen sind. Kurz nach der Pachtübernahme scheint Sauter gestorben zu sein, denn Preußen verlehnt den Hof nicht neu, sondern verkauft ihn 1819 samt allen Liegenschaften an den Rat Meurers zu Koblenz, der 1822 die einzelnen Grundstücke und das Hofhaus samt Stall und Scheuer an Horchheimer Bürger verkauft. Damit endet 1822 nach vielhundertjährigem Bestehen die Geschichte des ehemaligen Hofs von St. Florin.

Manfred Gillissen



Der Hof des Koblenzer Stifts St. Florin, Teil 1
Horchheimer Kirmes-Magazin 2001

Der Hof des Koblenzer Stifts St. Florin, Teil 2
Horchheimer Kirmes-Magazin 2002

Zur Geschichte des Stift St. Florin

https://www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/koblenz-stift-st-florin/geschichtlicher-abriss.html


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