Am 04. März 2023 hat Robert sein geliebtes Hoschem im gesegneten Alter von 92 Jahren für immer verlassen müssen.
Robert kann auf ein erfülltes, reiches Leben zurückblicken, auf ein Leben zum Wohl seiner Familie und auf ein Leben, das geprägt war von großer Liebe zu seinem Heimatort.
Hier geboren, war er gleichsam heimatliches Urgestein. Er hat nicht nur einen Baum gepflanzt, ein Haus gebaut, mit seiner lieben Margot eine Familie gegründet, Kinder, Enkel und Urenkel heranwachsen sehen, nein Robert hat sich für unseren Ort in vielfältiger Weise engagiert, er hat große und tiefe Fußstapfen hinterlassen.
Die Liste seiner Verdienste ist lang: Er war immer aktiver Frontmann, wenn es um unseren Ort, um den Erhalt und das Bewahren unserer Kulturschätze und unseres örtlichen Brauchtums ging. Nach dem Krieg war er Mitinitiator unserer Kärmes, Robert hat die „Kärmeszeidung“ mit aus der Taufe gehoben, viele Berichte und Artikel entstammten seiner Feder. In der Rubrik „Von Fest zu Fest“ hat er viele Jahre das gesellschaftliche Leben geschildert und kommentiert.
Die Liste seiner außerordentlichen Verdienste um unser Hoschem ließe sich beliebig fortsetzen.
Sein besonderes „Steckenpferd“ aber, in das er viel Zeit und Liebe investiert hat, das waren die „Heimatfreunde Horchheim“. Im März 1991 hat er zusammen mit anderen den Verein gegründet. In vielen Funktionen und als jahrelanges Vorstandsmitglied gestaltete Robert die Geschichte und Geschicke der „Heimatfreunde“. Unter seiner Führung wurden die „Heimatfreunde“ zu einer mitgliederstarken Gemeinschaft. Mit großer Leidenschaft und Sachkunde sammelte er erhaltenswerte Exponate aus unserer Ortsgeschichte. Unter seiner Federführung und durch seine Überzeugungskraft erwarb der Verein das Gebäude in der Alten Heerstraße, das heutige Ortsmuseum.
Mit großem Respekt blicken wir Horchheimer auf seine herausragende Lebensleistung.
Robert hat sich um unser Hoschem in herausragender Weise verdient gemacht.
Wir werden die Erinnerung an ihn In großer Dankbarkeit in unserem Herzen bewahren.
Klaus Peter Baulig
Ein Leben für Horchheim
aus: Horchheimer Kirmes Magazin 2006 „Robert Stoll – 75 und kein bisschen leise“ von Joachim Hof
Robert Stoll wurde am 24. September 1930 in Horchheim geboren. Das Geburtshaus ist heute Emser Straße 301. Roberts Vater war Schneider, und weil die Werkstatt zeitweise zu klein war, ist die Familie in die „Vehgass“ – heute Alte Heerstraße – 6 umgezogen.
1937 kam Robert in die Schule, die er aber wegen des Krieges nur knapp sieben Jahre besuchen durfte. Der Krieg fing am 1. September 1939 an.
Robert war, als der Krieg zu Ende war, 14 Jahre alt. Er kam in die Lehre bei der Görres-Druckerei. Der Weg von Horchheim zur Druckerei war sehr abenteuerlich. Zu Fuß oder auf den Puffern der Straßenbahn ging es nach Ehrenbreitstein. Dort war die Ponte und mit einem Passierschein konnte der Rhein überquert werden, um in der Gymnasialstraße zur Arbeit zu gelangen.
Die Görresdruckerei war die einzige Druckerei, die noch so erhalten war, dass gedruckt werden konnte: Lebensmittelkarten, Ausweise und was die Militärregierung dringend brauchte. Normales Papier gab es nicht, nur mannshohe Zeitungspapierrollen. Die mussten mit der Trummsäge in bedruckbare Größen zerlegt werden, ob Chef oder Lehrling, alle mussten mit anpacken.
Nach drei Jahren Lehrzeit wurde Robert nach den Regeln der Schwarzen Zunft gegautscht. Seinen ersten Gehilfenlohn erhielt er schon in D-Mark ausgezahlt, also im Juni 1948.
Er war knapp 18 Jahre alt. „Da hatten wir auch schon mit der Kirmes angefangen, 1947 mit ein paar Jungen, die Alten durften ja nicht, weil sie noch nicht entnazifiziert waren und alles von der Militärregierung genehmigt werden musste. Wir hatten zwar noch keinen Zug gemacht, aber ein wenig gefeiert. Es gab dünnes Bier, wir sind zur Mosel raus gefahren und haben ein paar Flaschen Wein organisiert und gefeiert“.
1949 hat der Streichs Jupp, der im heutigen Museum gewohnt hat, den Vorsitzenden gemacht. 1949 ist auch die erste Kirmeszeitung erschienen. Die 1950er Zeitung wurde dann schon professionell mit Anzeigen herausgegeben und mit Gewinn verkauft. Die Mitarbeiter in der Görresdruckerei sorgten dafür, dass Robert für die Kirmestage Urlaub machen konnte.
1958 haben Robert und Margot geheiratet. Dann kamen die Kinder Michael, Petra und Andrea. Robert musste sich um die Familie kümmern.
In den 1970er Jahren ist Robert wieder verstärkt bei der Kirmes-Zeitung eingestiegen. Hannes Leichum war damals Chefredakteur. Robert war bei den Mitarbeiterbesprechungen immer dabei. 1993 wurde Robert in den wohlverdienten Schriftsetzer-Ruhestand verabschiedet und hoffte, sich seinem Hobby, dem Lesen, verstärkt widmen zu können.
Aber weit gefehlt, denn 1991 hatte er sich ein neues Ziel gesetzt: bei den Heimatfreunden Horchheim mitzuarbeiten. Er wurde in der Gründungsversammlung am 13. März 1991 zum 1. Vorsitzenden gewählt und behielt dieses Amt über vier Legislaturperioden – 12 Jahre lang – inne. In kürzester Zeit brachte er den Verein auf 450 Mitglieder. In seiner Amtszeit konnte das Haus Alte Heerstraße 14 zum Museum restauriert und später als Eigentum des Vereins erworben werden.
Joachim Hof
Horchheimer Kirmes Magazin
Robert Stoll – 75 und kein bisschen leise von Joachim Hof, Horchheimer Kirmes Magazin 2006
Ewald Fischbach und Hans Huber beim Interview im Ortsmuseum der Heimatfreunde Horchheim, mit Hans Lehnet und Helmut Mandt | Foto: Robert Stoll
Die Heimatfreunde Horchheim haben mit der Veröffentlichung einer Sammlung von Tonaufnahmen ein neues Kapitel der lokalen Geschichtsforschung aufgeschlagen. Die Interviews, die der damalige Vorstand zwischen 2000 und 2008 im Rahmen eines sogenannten Oral-History-Projekts aufgezeichnet hat, zeigen das Leben in Horchheim im 20. Jahrhundert aus persönlicher Sicht. In der Rubrik „Erzählte Geschichte“ auf ihrer Website stehen diese Aufnahmen nun für interessierte Hörer bereit.
Einblicke in die Lebenswelt vergangener Generationen
Die Interviews geben Einblicke in zentrale Themen der Horchheimer Ortsgeschichte: die Jugendzeit der Befragten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Erlebnisse in den Kriegsjahren und die Herausforderungen und Erfolge im Berufsleben. Namen wie Ewald Fischbach, Werner Wiemers und Jule Lay stehen stellvertretend für viele, die ihre Erinnerungen an eine bewegte Zeit teilten. Diese persönlichen Zeugnisse helfen zu verstehen, wie historische Ereignisse auf lokaler Ebene wirkten.
Die Methode: Oral History als wissenschaftliches Werkzeug
Oral History, ein etabliertes Verfahren der Geschichtswissenschaft, dokumentiert nicht nur historische Fakten, sondern auch die subjektiven Wahrnehmungen und Gefühle der Zeitzeugen. Die in Horchheim aufgezeichneten Gespräche zeichnen sich durch ihren Fokus auf individuelle Erlebnisse aus, die die soziale und kulturelle Geschichte des Ortes veranschaulichen. Diese Methode ermöglicht es, die Vergangenheit aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und neue Perspektiven auf bekannte Ereignisse zu gewinnen.
Technik und Umsetzung
Aufgezeichnet wurden die Gespräche mithilfe eines Aiwa Minidisc Recorders (AM-F65), einer damals fortschrittlichen Technologie, die qualitativ hochwertige Audioaufnahmen erlaubte. Die Aufnahmen fanden sowohl vor Ort in Horchheim als auch in der „Gut Stuff“ des Ortsmuseums der Heimatfreunde statt. Insgesamt entstanden etwa 25 Stunden Audiomaterial, das vom damaligen Vorstand der Heimatfreunde Joachim Hof, Hans Lehnet, Helmut Mandt und Robert Stoll zusammengestellt wurde. Dank der Unterstützung von Mechthild Hof, die den originalen Recorder zur Verfügung stellte, konnten diese Tondokumente nun überspielt und für die Nachwelt erhalten werden.
AIWA Minidisc Recorder und Minidiscs
Themen der Interviews
Die Gespräche decken ein breites Spektrum von Themen ab:
Jugendjahre in Horchheim: Von Dorffesten und Alltagsbräuchen bis hin zu den Herausforderungen des Alltags in der Vorkriegszeit.
Kriegsjahre: Die Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs, darunter Evakuierungen, Bombardierungen und die Rückkehr zum Wiederaufbau.
Berufsleben: Einblicke in traditionelle Handwerke, Landwirtschaft, und die sich wandelnde Arbeitswelt in Horchheim im Laufe des Jahrhunderts.
Erzählte Geschichte: Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Die Aufnahmen sind weit mehr als historische Quellen; sie sind lebendige Zeugnisse, die Emotionen, Dialekte und die persönliche Färbung der Berichte bewahren. Dies macht sie zu einer unschätzbaren Ressource für die Ortsgeschichte. Zugleich werfen sie methodische Fragen auf: Wie objektiv kann Geschichte sein, wenn sie aus subjektiven Erinnerungen besteht? Welche Rolle spielt die mündliche Überlieferung in einer zunehmend digitalisierten Welt?
Zugang und Nutzung
Die Interviews können online auf der Website hearthis.at im Profil der Heimatfreunde Horchheim angehört werden.
Aus urheberrechtlichen Gründen sind die Aufnahmen in erster Linie für die museale Präsentation vorgesehen. Interessenten werden gebeten, sich für weitergehende Nutzungsanfragen direkt an die Heimatfreunde Horchheim zu wenden.
Mit diesem Projekt leisten die Heimatfreunde Horchheim einen Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes und eröffnen eine lebendige Perspektive auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die „erzählte Geschichte“ schafft so eine Brücke zwischen den Erfahrungen früherer Generationen und den Fragestellungen der Gegenwart.
Begriff Oral History
Der Begriff Oral History entstand Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA und beschreibt eine Methode der Geschichtswissenschaft, die auf mündlichen Zeitzeugenberichten basiert. Die Ursprünge des Begriffs und der Methode lassen sich auf die Einführung tragbarer Aufnahmegeräte und das gestiegene Interesse an der sozialen und kulturellen Geschichte zurückführen.
Historischer Ursprung des Begriffs
Erste Verwendung: Der Begriff wurde in den 1940er Jahren durch den US-amerikanischen Historiker Allan Nevins an der Columbia University geprägt. Nevins war ein Pionier der Oral History und initiierte 1948 das „Columbia Center for Oral History Research“, das erste institutionalisierte Oral-History-Projekt.
Technologische Basis: Die Verfügbarkeit tragbarer Tonbandgeräte in den 1940er und 1950er Jahren machte es möglich, mündliche Überlieferungen systematisch und in hoher Qualität aufzuzeichnen. Dies ermöglichte es Historikern, Stimmen und Geschichten einzufangen, die zuvor nur schwer dokumentierbar waren.
Entwicklung der Methode
Fokus auf soziale Geschichte: In den 1960er und 1970er Jahren erlebte die Oral History einen Aufschwung, da sie sich als Methode eignete, die Geschichte marginalisierter oder unterrepräsentierter Gruppen zu dokumentieren. Arbeiter, Frauen, ethnische Minderheiten und andere Gruppen fanden durch diese Methode eine Stimme in der Geschichtsschreibung.
Kritische Reflexion: Mit der Etablierung der Methode kam es auch zu Kritik. Historiker wie Lutz Niethammer in Deutschland wiesen darauf hin, dass mündliche Berichte oft subjektiv und selektiv sind, wodurch sie eine kritische Quellenanalyse erfordern. Niethammer bezeichnete den Begriff als „unglückliches, aber öffentlichkeitswirksames Schlagwort“, da er sowohl die Methode als auch das Ergebnis beschreibt.
Etablierung und heutige Bedeutung
Internationalisierung: In den Jahrzehnten nach ihrer Einführung wurde die Oral History auch außerhalb der USA zunehmend genutzt, etwa in Großbritannien, Deutschland und Italien. Der englische Begriff hat sich international durchgesetzt, obwohl in einigen Sprachen auch Übersetzungen wie „mündliche Geschichte“ oder „erzählte Geschichte“ verwendet werden.
Erweiterung des Geschichtsverständnisses: Oral History hat das Geschichtsverständnis grundlegend verändert, indem sie zeigte, dass Geschichte nicht nur aus großen Ereignissen und „offiziellen“ Dokumenten besteht, sondern auch aus den individuellen Erfahrungen und Erzählungen von Menschen.
Fazit
Der Begriff Oral History ist ein Produkt des Zusammenspiels von technologischer Innovation, gesellschaftlichem Wandel und einem neuen Verständnis von Geschichte. Obwohl er weiterhin diskutiert wird, hat sich die Methode als wertvolles Werkzeug etabliert, um die Vielfalt und Komplexität menschlicher Erfahrungen zu dokumentieren.
Beim Stichwort „Heiligenhäuschen“ denken die meisten Horchheimer sicher zunächst an das jahrelang heiß umkämpfte, in vielen Planspielen hin- und her- und schließlich beinahe abgerissene Bauwerk in der Alten Heerstraße, das buchstäblich in letzter Minute gerettet wurde. Weniger Glück hatte das Heiligenhäuschen auf unserem Bild, von dem diesmal die Rede sein soll:
Das Marienkapellchen in der Einmündung der Bächelstraße in die Emser Straße
Im Frühjahr dieses Jahres (1980) waren es 35 Jahre her, da es in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges durch Artilleriebeschuss stark beschädigt wurde. 1948 beschloss man, die Trümmer zu beseitigen und es aus Verkehrsgründen nicht mehr an seiner alten Stelle aufzubauen. Noch im selben Jahr begann man als Ersatz mit dem Bau eines Heiligenhäuschens an der Einmündung der Mendelssohnstraße (damals noch Hochstraße) in die Bächelstraße. Das Baugelände stiftete auf ihrem Hausgrundstück die Familie Severus Knopp, indem sie es der Pfarrgemeinde übertrug. Den Bau übernahmen ohne Entgelt die beiden Horchheimer Bauunternehmer Franz Schneider und Dachdeckermeister Robert Stoll.
Die Immerwährende Hilfe
Wenn wir das jetzige Heiligenhäuschen mit dem auf unserem Bild vergleichen, so lässt sich keine Ähnlichkeit feststellen. Das Bauwerk an der Ecke Bächelstraße/Emser Straße (früher Hauptstraße) war viel größer und ähnelte den auch heute hoch in unserer näheren Heimat anzutreffenden Kapellen. Der Grundriss war rechteckig und lief in der Bächelstraße in einem Halbrund aus. Gebaut war es aus Bruchsteinen, innen und außen aber verputzt. Die Außenmauern waren in gelben Farben gestrichen. Das Innere erreichte man von der Emser Straße aus über drei Basaltstufen. Der Giebel auf dieser Seite trug die Inschrift:
O Maria Jungfrau rein, Lass Horchheim Dir befohlen sein.
Das Dach war aus Holz und mit Schiefer gedeckt. Im Innern der Kapelle standen vor dem Bild der „Immerwährenden Hilfe“ zwei Holzbänke, die zum Gebete einluden. Das auf Holz gemalte Bild hatte wohl keinen größeren künstlerischen Wert und ging in den Wirren der Nachkriegszeit verloren. An kirchlichen Feiertagen brannten vor ihm die von Gläubigen zu Ehren der Muttergottes gestifteten Kerzen, und in den Sommermonaten schmückten es Blumen aus den benachbarten Hausgärten.
Aus dem 17. Jahrhundert?
Das Alter dieses Heiligenhäuschens ist ungewiss, ebenso seine Entstehungsgeschichte. So wurde es u.a. in einer Veröffentlichung von Heinz Schüler aus dem Jahre 1977 „Wegekreuze und Heiligenhäuschen im Stadtkreis Koblenz“ mit einer für Horchheim folgenschweren Begebenheit im Dreißigjährigen Krieg in Verbindung gebracht. Auf Seite 47 dieser Schrift heißt es:
Vorläufer eines Horchheimer Heiligenhäuschens soll ein Wegekreuz gewesen sein, das für den Kroatenführer Janco Draganic gesetzt wurde.
In der 1964 erschienenen Festschrift „750 Jahre Pfarrgemeinde Horchheim“ (Seite 63) wird diese Geschichte wie folgt erzählt:
In den Jahren des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde auch unsere engere Heimat zum Kriegsschauplatz. Aus Furcht vor den anrückenden Schweden flüchteten die Horchheimer in einen zwischen Horchheim und Niederlahnstein gelegenen Hohlweg.
Der „Rheinische Antiquarius“ berichtete hierzu:
Jener Hohlweg schien den Flüchtlingen ein sicheres Versteck. Darin sind sie tatsächlich vom Feinde nicht beunruhigt worden. Aber ein großer Teil von ihnen, Frauen und Kinder besonders, mussten verschmachten oder erfrieren, wegen des strengen Winters und weil die Schweden länger als erwartet in der Horchheimer Gemarkung liegen blieben.
Der Hohlweg heißt heute noch Hungergasse. Nach den Schweden kamen mit den Kaiserlichen die Kroaten unter Führung von Janco Draganic. Dieser schwor beim Anblick des sich in dem Hohlweg bietenden Leides, an den Schweden Rache zu nehmen. Bei der Belagerung von Koblenz und Ehrenbreitstein fügte der Kroate mit seinen Mannen dem Gegner schwere Verluste zu, so dass eine Belohnung von 1000 Liores auf seinen Kopf ausgesetzt wurde. Bei einem Ausfall der Belagerten kam es zu einem Kampf, bei dem Draganic getötet wurde. An der Stelle, wo der von der Bevölkerung geachtete Kroate starb, wurde ein Kreuz errichtet. Mitte des 18. Jahrhunderts ließ der kurtrierische General von Hohenfeld hier ein Heiligenhäuschen bauen. So weit aus der Festschrift.
Eine Verwechslung?
In der Horchheimer Kirmeszeitung des Jahres 1954 wurde schon einmal diese Geschichte unter dem Titel „Die Hungergasse und der Kroatenhauptmann“ veröffentlicht. Hier heißt es im letzten Satz:
An der Stelle zwischen Horchheim und der Hungergasse, wo Draganic fiel, errichteten die Bauern damals ein Kreuz, an dessen Stelle ein Jahrhundert später ein Muttergotteshäuschen kam.
Diesem Bericht nach handelt es sich hier um das Wendelinuskapellchen an der Weitenbornstraße Nr. 11. Einen weiteren Hinweis darauf, dass es sich um dieses Heiligenhäuschen handeln muss, erhalten wir in einem weiteren Beitrag in der Kirmeszeitung des Jahres 1971 aus der Feder des Koblenzer Stadtarchivars Dr. Hans Bellinghausen. Hierin beschreibt er die Stelle, an der Draganic starb, „als nicht weit von der Hungergasse“. Dies geschah im Jahre 1636 bei Horchheim, gegen Ende des Monats Oktober. An das Geschehen in der Hungergasse erinnert aber auch der Bildstock in der Koblenzer Straße in Niederlahnstein auf der Grenze zu dem Betriebsgelände der Firma C. S. Schmidt.
Zeichen alter Frömmigkeit
Sollte also die Entstehung des auf unserem Foto gezeigten Heiligenhäuschens nicht im Zusammenhang mit der Geschichte um den Kroaten stehen, so gehen doch seine Anfänge wohl in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück, „hatten doch die Menschen in diesen Jahrzehnten in ihrer großen Not oft genug Anlass, Gott und seine Heiligen um Hilfe zu bitten. Aus Dank und zur Erinnerung entstanden viele Kreuze, Bildstöcke und die für unsere Gegend typischen Heiligenhäuschen. So ist es nicht zu verwundern, dass die alten Horchheimer von dem Heiligenhäuschen am Wege nach Pfaffendorf, umgeben von Weinbergen, schon immer zu erzählen wussten. Sie hatten es, wie auch die anderen in der Horchheimer Gemarkung, in ihrer tiefen Frömmigkeit über Jahrhunderte erhalten. Die von der Familie Kipp/Mock zur Verfügung gestellte Aufnahme aus den dreißiger Jahren soll uns Erinnerung aber auch Mahnung sein, die uns gebliebenen Zeugnisse früherer Zeiten ebenso zu bewahren.
von Robert Stoll Horchheimer Kirmes-Magazin 1983 – 1985
Ganz im Sinne dieser Zeilen der Koblenzer Heimatdichterin Josefine Moos stellte Hans Josef Schmidt in den Kirmeszeitungen 1967-68 „Hoschemer Platt für Anfänger“ vor. Wir wollen den Mundartkurs weiterführen. Machen Sie also mit, liebe Leser! Es gibt zwar kein Diplom für erfolgreiche Mitarbeit, aber sicherlich viel Spaß bei der Wiederentdeckung „unserer Moddersproch“!
Viele der Wörter und Wendungen sind dem 1876 veröffentlichten Buch „Coblenz in seiner Mundart“ von Julius Wegeler entnommen. Zwar war Horchheim zu jener Zeit noch längst nicht eingemeindet, aber unser Dialekt kannte schon damals keine Barrieren. Allerdings beklagte Wegeler auch bereits die Tatsache, dass unser Platt immer weniger gesprochen wurde. Heute gilt wie damals die Aufforderung, die Hoschemer Mundart nicht untergehen zu lassen. In ihr fand die wechselvolle Geschichte unserer Heimat ihren Niederschlag, wie die Herkunft zahlreicher Wörter aus dem Französischen, dem Hebräisch-Jiddischen und dem Niederländischen belegt. Aber auch in unserer Zeit bereichern immer wieder neue Wendungen unser Platt. Die folgende Wortsammlung macht dies deutlich. Wir hoffen, dass Ihnen, liebe Leser, diese Nachhilfe in Hoschemer Platt Vergnügen bereitet.
Et Scheenste es die Moddersproch! Kai Wonner, dat mer an ihr hänkt, weil se dat Beste, Teefste doch, wat ons beseelt, zom Ausdruck brengt! lhr Läit! Ehrt Euer Heimatsproch en Lust on Leid, en Gleck on Schmerz, se es on blaift en Quickborn doch, e Labsal fir Gemieht on Herz!
Kamilledehr ― Kamel; als Schimpfwort: „Dau Kamilledehr!“
Kamisol ― Wams „En Rock un Kamisol“
kampiere ― lagern
Kanein ― Kaninchen
kapores ― zerbrochen, kaputt
Kapp ― Mütze; „Nebe der Kapp sein“
kappele ― zanken, streiten
Karnallje ― schurkiger Typ
Karussellegaul ― Pferd, das das Karussell antrieb; und einer, der zuviel getrunken hat; „Dä leift erum wie en Karussellegaul!“
Karweichelsche ― Eichhörnchen
Keilkopp ― starrsinniger Mensch
Keit ― ein Korn, auch für ein wenig (etwas); „e Keitje“, „a Keit Brud“ oder „Et fehlt kai Hohrkeit“ (es paßt genau); „Net mieh zo Keit komme“ (Nicht mehr zurecht kommen)
Kenne ― Kinder
Kermes ― Kirmes
Kinkerlitzjer ― Kleinigkeiten; „Komm mer net met Kinkerlitzjer!“
Kires ― Jacke
Kirschtje ― Endstück am Brot
klabestere ― schwatzen, klatschen
Klämisch ― jemand, der immer jammert
klamm ― feucht
Klauster ― Vorhängeschloß
klempe ― das einfache Anschlagen der Glocke, zum Beispiel bei der Wandlung (Halb-Meß)
kleppere ― schlagen
Kletsch-Au ― entzündetes Auge
Kletschmann ― Kloß
Klewbox anhan ― einer, der (an Kermes) nicht heimfindet; „Ä hat de Klewbox an!“
Klöfje ― Tonpfeife
Klombe ― Bonbon
Klotzkopp ― Dickschädel; eigensinnig
Klowe ― eiserner Haken; Grobian
Knäärjellel ― jemand, dem es keiner recht machen kann
knaiele ― nagen; „En Kurscht Brud knaiele.“
Knaieles, en ― Nörgeler
knaps ― wenig, eng, kaum; „Do net su knapse!“
knatschig ― teigig, nicht ausgebacken, roh; auch „Bes de knatschig?“
Struwwel ― durcheinander, wirr; „Wat en Struwwel!“
Stußvuel ― jemand, dem beim Gehen anstößt
suckele ― saugen
Sünn on Schann ― Sünde und Schande (über den, der an Kirmes einen zuviel trinkt)
Sutscheler ― einer, der beim Essen schlürft
1 da in früheren Zeiten die Schiffe auf dem Rhein von Pferden rheinaufwärts gezogen wurden hatten die Tiere das rechte Auge gegen die Sonneneinstrahlung verbunden 2 Früher ein mit Zwieback und Zucker gefüllter Leinwandbeutel, der den Säuglingen in den Mund gesteckt wurde 3 Spöttisch so genannt, weil sich seine Fertigstellung in den zwanziger Jahren in der Zeit der großen Arbeitslosigkeit lange hinzog 4 Früher für Säuglinge, die mit Behagen an der Brust tranken, daher Schnukkesje 5 Hier befand sich in den Jahren 1813/14 ein Spital (Krankenhaus), in dem vorwiegend verwundete und kranke russische Soldaten behandelt wurden.
Horchheimer erinnern sich daran, wie sie 1944/45 mit Hunderten in ihren „Bunker“ flüchteten
Artikel aus der Rhein-Zeitung vom 13. Oktober 2021
von Redakteurin Katrin Steinert
Der 576 Meter lange Eisenbahntunnel zwischen Horchheim und Pfaffendorf wird zurzeit abgerissen, um ihn größer neu zu bauen. In das Großprojekt der Deutschen Bahn, das seit August dieses Jahres läuft, fließen 40 Millionen Euro, wie der Konzern auf mehrfache Nachfrage unserer Zeitung mitteilt. Während die Abrissbagger und Meißel dem Fels zu Leibe rücken, erinnern sich Zeitzeugen daran, wie sie mit Hunderten anderen Horchheimern in den Kriegsjahren 1944 und 1945 in dem alten Tunnel Schutz suchten – immer wenn über ihnen amerikanische und britische Bomber flogen.
Margot Stoll ist eine dieser Zeitzeugen. Die 81-jährige Seniorin war damals vier beziehungsweise fünf Jahre alt. Immer dann, wenn die Sirenen Fliegeralarm meldeten, musste sie mit Mutter und Geschwistern in „das Tunnéll“, wie die Einheimischen den Tunnel nennen. Die Familie lebte in der Meesstraße, gute 600 Meter Fußweg entfernt. Die Kinder waren nie ganz ausgezogen, bereit, jederzeit loszulaufen.
Margot Stoll erzählt: „Bei Alarm hieß es: „Schnell, schnell, anziehen und ab in das Tunnéll.“ Mäntelchen drüber, Schuhe an, Tasche mit Essen geschnappt, und los ging es, auch bei Regen und Schnee. Der Alarm kam zu jeder Tages und Nachtzeit. Die kleine Margot, ihre Geschwister, die Mutter und Großmutter machten sich auf den Weg zum schützenden Bauwerk, Hunderte andere mit ihnen. „Einmal trat meine Oma in der Eile in eine Weiche“, berichtet die 81-Jährige. Sie erinnert sich daran, wie jemand den Schuh rausholte und zurückgab. „Die Leute halfen sich alle gegenseitig“, sagt sie.
Der Tunnel war der einzige Schutz der Horchheimer. Die benachbarten Pfaffendorfer hatten einen richtigen Bunker. Die Horchheimer kamen von allen Seiten. Hinunter zur schützenden Öffnung führten von oberhalb der Beckenkampstraße Trampelpfädchen, berichtet Margot Stoll. Wer weiter weg wohnte wie sie selbst, der harrte manchmal tagelang im kalten zugigen Tunnel aus. „Nur meine Mutter ist mal heimgelaufen, um etwas für uns zu kochen.“
Wie es damals im Tunnel aussah, davon erzählt ein Bild des Horchheimer Malers Alfred Erich Euchler (1888–1968). Das hängt heute im Eifeler Landschaftsmuseum in der Mayener Genovevaburg. Die Szenerie zeigt eine Ansammlung von Menschen im Eisenbahntunnel, viele Frauen, Kinder und Senioren sind dicht gedrängt, dazwischen Kinderwagen, Bänke, Betten. In einer der Mauernischen sitzen Kinder auf einem Sofa, oben in einem Bogen ist ein Bett eingebaut, auf dem Kinder liegen, weit im Hintergrund des Tunnels ist eine Dampflok zu sehen. Im Horchheimer Ortsmuseum ist ein DIN-A3-großer Abzug des Bildes zu sehen.
1944 im Horchheimer Eisenbahntunnel bei Luftangriff gemalt von Alfred Erich Euchler
Margot Stolls Familie schlief nur eine Armlänge entfernt vom Gleis. Der Vater hatte seinen Lieben 1944 aus Balken und Brettern ein Etagenbett und eine Bank für den Tunnel gezimmert, bevor er als Beladeschaffner für die Eisenbahn nach Sibirien abgeordnet wurde. Ihre Mutter war mit dem vierten Kind schwanger und schlief mit einem unten, die anderen oben. „Alles war mit so fiesen grauen Decken abgehängt, weil die Züge so nah standen“, sagt die 81-Jährige.
Ein Mann, der heute noch am Tunnel wohnt und immer mal wieder schaut, wie die aktuellen Abrissarbeiten vorangehen, erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung daran, dass es damals Nummern im Tunnel gab, die an den Wänden standen und den Familien anzeigten, wo ihr Platz ist. „Wir hatten die 27“, berichtet der über 80-Jährige. „Jeder wusste genau, wem welche Sachen gehörten.“ Jede Familie hatte aber Angst vor Plünderung, wenn sie zwischendurch zu Hause war und ihre Sachen im Tunnel zurückließ.
Die kleine Margot und die jüngeren Kinder mussten bei Fliegeralarm immer am Platz bleiben, während Ältere freier herumlaufen durften. „Es fuhren ja Züge auf den beiden Gleisen, zwar langsam, aber das war ja trotzdem gefährlich“, berichtet Margot Stoll. Außerdem konnten Kinder im Gewusel und in der Dunkelheit verloren gehen. Die Seniorin erinnert sich noch gut an die direkten Nachbarn im Tunnel. Vor ihnen war die Familie Rippelbeck, „das waren bessere Leute“. Die Frau drückte die kleine Margot öfter. Sie sagte immer: „Wenn der Krieg zu Ende ist, kriegst du was.“
Portal des Horchheimer Tunnels
Auch der 86-jährige Horchheimer Helmut Mandt flüchtete als Zehnjähriger mit Mantel und Köfferchen über die Bächelstraße in den Tunnel. Er erinnert sich, dass dort auch Militärfahrzeuge abgestellt wurden, um vor den Angriffen zu schützen. „Für uns Kinder war es toll, darauf rumzuklettern“, sagt er und weiß, dass nur Kinder so unbefangen sind. Im schützenden Bauwerk hielten auch ab und zu Lazarettzüge, die stöhnende Verletzte transportierten. Auch Züge mit Zwangsarbeitern stoppten hier.
Daran erinnert sich Robert Stoll, der Mann von Margot Stoll, noch genau. „Einige von denen haben immer so „Holz-Bippchen“ gemacht und wollten die gegen Brot tauschen“, erzählt der 91-Jährige. Als es einmal zum Tauschgeschäft mit den Spielzeughühnern kommen sollte, sah dies ein Bewacher und wollte den Handel unterbinden. Da kam es fast zum Aufstand, die Horchheimer wurden laut und vertrieben den Aufseher, erzählt Robert Stoll und lacht stolz. Er war Teenager und wohnte nur einen Katzensprung vom Tunnel entfernt. So konnte er tagsüber auch schnell mal heim flitzen. Einmal spielte er draußen, als plötzlich eine Luftmine auf den Tunnelfels fiel. „Es gab eine enorme Druckwelle, ich flog weg und lag unter Fremdarbeitern.“ Die halfen auch im Ort. Die Druckwelle war auch im Tunnel zu spüren. Wäre die Luftmine vor die Öffnung gefallen, hätte sie viele getötet.
Die Seniorin Margot Stoll hat noch heute etwas, das sie an die Zeit im Tunnel erinnert und an die Frau, die die kleine Margot damals umarmte und ihr versprach, ihr etwas zu schenken, wenn der Krieg vorbei ist. Die Frau hielt ihr Versprechen. Margot Stoll besitzt seitdem kostbare Puppenspielzeugmöbel aus Rattan. In den vergangenen Jahrzehnten haben daran nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Kinder, Enkel und Urenkel Freude gehabt.
Robert StollMargot StollHelmut MandtZeitzeugen Robert Stoll, Margot Stoll und Helmut Mandt
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